Gesellschaftskunde Im Weltjugendtag die positive Kraft sehen

Düsseldorf · Gottesdienste im Stadionformat, Konzerte mit christlicher Musik und eine Nachtwache unter freiem Himmel – viele sehen im Weltjugendtag das christliche Event. Doch für die Jugendlichen zählt die Begegnung.

Gesellschaftskunde: Im Weltjugendtag die positive Kraft sehen
Foto: Krings

Gottesdienste im Stadionformat, Konzerte mit christlicher Musik und eine Nachtwache unter freiem Himmel — viele sehen im Weltjugendtag das christliche Event. Doch für die Jugendlichen zählt die Begegnung.

Man kann versuchen, das Ereignis in Zahlen zu fassen. Bis zu zwei Millionen Pilger werden in der nächsten Woche zum 31. Weltjugendtag im polnischen Krakau erwartet. Aus Deutschland allein machen sich 16.000 junge Leute auf den Weg. Papst Franziskus wird kommen, es wird Prozessionen, Gottesdienste, Konzerte geben, eine Vigilfeier, bei der die Jugendlichen auf einem gewaltigen Feld auf Isomatten kampieren, so wie 2005 in Köln. Und man könnte glauben, dass es darum geht: um die pure Größe, die Selbstvergewisserung in der Masse, um ein wenig christliches Woodstock.

Doch wenn man sich für die Jugendlichen interessiert, die da gerade nach Polen aufbrechen, zunächst zu den Begegnungstagen in Gemeinden im ganzen Land und dann zu den Großereignissen in Krakau, trifft man auf Jugendliche wie Fabian Görres,16, aus Leverkusen. Der erzählt, dass er sich freut, neue Leute aus anderen Ländern kennenzulernen und coole Gottesdienste zu feiern. Und fragt man, was ein cooler Gottesdienst ist, erzählt er aus der eigenen Gemeinde, von Feiern, die Jugendliche dort gestalten. Ein Weltjugendtag zieht ja nicht irgendwelche Jugendlichen an, sondern junge Katholiken, die in ihren Gemeinden bereits aktiv sind, Gruppen besuchen, zu den Messdienern gehören — Jugendliche also, die in der Kirche Menschen getroffen haben, die als Vorbilder taugen, die sich für sie interessieren und in ihrer Haltung zum Leben und den Krisen in der Welt überzeugend sind. Längst "müssen" die meisten Jugendlichen ja nicht mehr in die Kirche, sie entscheiden sich dazu. Und haben viele andere Möglichkeiten.

Beeindruckend am Weltjugendtag ist nicht die Masse, die sich in Krakau versammeln wird und Angst vor Terror wachruft, sondern dass sie sich aus aktiven kleinen Gruppen zusammensetzt, die für lebendige Kirche an der Basis stehen. Viele Ehrenamtler haben sich mitten in den Ferien bereit erklärt, Jugendliche zu begleiten. Sie werden nicht auffallen in den Fernsehbildern, doch wie in so vielen Lebensbereichen, sind es diese Menschen, die große Bewegungen tragen.

"Vieles driftet auseinander nicht nur in Europa, der Weltjugendtag versammelt Jugendliche aus der ganzen Welt, er fügt etwas zusammen", sagt Dirk Bingener, Präses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Man kann den Weltjugendtag als Sacropop-Event abtun und auf leere Kirchen in Deutschland verweisen. Oder in ihm eine positive Kraft sehen, die ihre Wurzeln in den Gemeinden hat. Trotz aller Schwierigkeiten.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(dok)
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