Gesellschaftskunde Ein Abi für alle? Besser nicht

Der deutsche Bildungsföderalismus ist unbeliebt. Trotzdem hat er seinen Wert.

 Abiturprüfung in Hannover (Archivbild).

Abiturprüfung in Hannover (Archivbild).

Foto: Julian Stratenschulte

Aus der Reihe „Leichte Ziele“ heute ein Klassiker: der Bildungsföderalismus. Ausgerechnet eine Landesministerin, Susanne Eisenmann (CDU) aus Baden-Württemberg, hat die Diskussion neu belebt. Sie will ein bundesweites Zentralabitur, mit einheitlichen Aufgaben und Fächervorgaben. Politisch ist die Zustimmung überschaubar – beim geneigten Wähler dürfte das anders aussehen. Dass es 16 Schulsysteme gibt, ärgert das Volk mehrheitlich.

Trotzdem hat Eisenmann unrecht. Gemeinsame Standards sind wichtig. Aber ein Zentralabitur? Warum sollten die Länder dann überhaupt noch für Bildung zuständig sein? Aber der Bildungsföderalismus ist nicht zuletzt ein Wettbewerb, in dem gute Strategien nachgeahmt und schlechte ausgeschieden werden. Das ist naiv? Na ja: G9 hätten wir in NRW bis heute nicht zurück, wenn alle stets G8 gehabt hätten.

Zudem erfordert ein Zentralabi einheitliche Prüfungs- und Ferientermine. Viel Spaß im Stau! Der entscheidende Punkt aber ist bildungspolitisch: Ob Gerechtigkeit und Qualität steigen würden, ist zweifelhaft. Im Zentralabi-Land NRW steigen zwar die Notenschnitte; eher als mit einem Intelligenzschub dürfte das aber mit gezielterer Vorbereitung zu tun haben, teils auch mit gesunkenen Anforderungen. Wenn in einem Abi aus Dresden heute schon mehr Leistung steckt als in einem aus Düsseldorf, ändert das auch ein Zentralabitur nicht; das ist auch zwischen einzelnen Schulen so. Der Schieflage in der Verteilung von Spitzennoten in den Ländern ließe sich mit anderer Ordnung der Notenschnitte beikommen – landes- statt bundesweit. Abitur Nummer 1000 aus NRW wäre dann ebenso Leistungselite wie Nummer 1000 aus Sachsen, egal welcher Schnitt. Und damit die Abschlüsse gleich viel wert sind, hilft nur eins: Aufnahmeprüfungen an den Hochschulen.

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