Islamabad Gerüchte um Pakistans Staatschef

Islamabad · Die pakistanische Zeitung "The Nation" hatte einen giftigen Kommentar parat: "Spielt es eine Rolle, ob der Präsident verschwindet?", fragte das Blatt dieser Tage. Seit Asif Ali Zardari vor einer Woche Hals über Kopf nach Dubai abreiste, überschlagen sich in Islamabad die Gerüchte. Offiziell heißt es, der 56-Jährige habe einen Herzinfarkt erlitten und lasse sich behandeln. Andere glauben, dass es eine verkappte Flucht ins Exil vor dem Militär war, das ihn aus dem Weg haben will. Sicher scheint: Zardari wird bis auf Weiteres ausfallen.

Nachdem zunächst nur von ein paar Tagen die Rede war, teilte Regierungschef Yusuf Raza Gilani gestern mit, Zardari werde noch mindestens zwei Wochen außer Landes bleiben. Und für weitere Tests vielleicht nach London weiterfliegen. Wirklich vermissen werden ihn wenige. Mit tatkräftiger Hilfe der USA war Zardari 2008 auf den Präsidentenposten gehievt worden, nachdem seine Frau Benazir Bhutto ermordet worden war. Aber populär war der Witwer und Milliardär nie.

Zardaris Zukunft hängt davon ab, wie ernst seine Erkrankung ist. Bei der weiteren Entwicklung in Pakistan hat er nicht viel mitzureden – das Sagen hat das Militär, nicht die Zivilregierung. Zardaris überstürzte Abreise mehrt deshalb die Unruhe – und gilt als weiteres Zeichen dafür, wie frostig das Verhältnis zu den USA ist, seit US-Hubschrauber Ende November 24 pakistanische Grenzsoldaten töteten. Aus Versehen, sagen die Amerikaner; absichtlich, sagen die Pakistaner. Pakistan blockiert seither den Nato-Nachschub nach Afghanistan.

Die Krise verschärft sich weiter: Nachdem Islamabad über Jahre die US-Drohnenangriffe geduldet hatte, drohte ein Militär nun, Pakistan werde jede US-Drohne abschießen, die in den Luftraum eindringe. Auch ein Ende der Blockade scheint nicht in Sicht. Das könnte die Nato in Bedrängnis bringen – ein Großteil ihres Flugbenzins bezieht sie über diese Route. Die Verbündeten wirken immer mehr wie Feinde.

So hatte Pakistan bereits seine Teilnahme an der Bonner Afghanistan-Konferenz abgesagt. Zugleich mehren sich Berichte, dass Islamabad mit Teilen der radikalislamischen Taliban Friedensgespräche führt. Diese hatten bisher Ziele in Pakistan attackiert, nehmen nun aber angeblich stärker Afghanistan ins Visier. Dagegen mussten die USA am Sonntag die Shamsi-Basis in Südpakistan verlassen. Experten glauben, dass die Amerikaner von dort Drohnen starten ließen, um Taliban zu bombardieren.

(RP)
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