"Probleme werden dadurch aber nicht gelöst" Geheimdienstkoordinator: Gute Chancen auf NPD-Verbot

Hamburg (dpa). Der Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Ernst Uhrlau, räumt einem Antrag für ein NPD-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gute Chancen ein. „Ein Verbot der NPD wird die Probleme rechtsextremistischer Gewalt nicht lösen“, sagte Uhrlau im „Hamburger Abendblatt“ zugleich.

„Alle Verfassungsschutzberichte weisen aus, dass wir Zuwächse im Bereich militanter Rechtsextremisten, insbesondere Skinheads, auf eine Größenordnung von 9 000 im Jahr haben.“ Uhrlau machte auf Veränderungen der NPD während der vergangenen vier Jahre aufmerksam. In diesem Zeitraum sei die Mitgliederzahl von 3 500 auf jetzt 6 000 gestiegen. „Heute sehe ich die NPD als Parteimantel für Neonazis und Skinheads.“ Damit habe die NPD eine andere Funktion innerhalb des Rechtsextremismus bekommen.

Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff (SPD), sagte in der ARD-Sendung „Sabine Christiansen“, die NPD sei die einzige rechtsextreme Partei, die versuche, eine Struktur aufzubauen. Wie sein thüringischer Amtskollege Bernhard Vogel (CDU) wies Ringstorff darauf hin, dass ein mögliches Verbot nicht die Ursachen des Rechtsextremismus ändere.

Die Bundesregierung wird bei eindeutiger Beweislage einen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD beim Bundesverfassungsgericht unterstützen. Das sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Voraussetzung sei, dass die zuständige Bund-Länder- Arbeitsgruppe „die Beweislage eindeutig positiv sieht“. Das Gremium prüft derzeit einen Verbotsantrag gegen die Partei und will bis Mitte Oktober ein Ergebnis vorlegen.

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sicherte ein entschiedenes Vorgehen gegen rechtsradikale Gewalttäter in Deutschland zu. „Wir werden die Neonazis in Deutschland stoppen“, sagte Fischer. Die Grünen-Vorsitzende Renate Künast und der SPD-Fraktionsvize Michael Müller warnten nachdrücklich davor, nach der aktuellen Debatte über den Rechtsextremismus einfach wieder zum politischen Tagesgeschäft zurück zu kehren.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, forderte ein schärferes Vorgehen gegen die Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda im Internet. „Es ist allerhöchste Zeit, das Internet von solchen Seiten zu befreien“, sagte Spiegel.

Unterdessen gab es am Wochenende wieder eine Reihe von fremdenfeindlichen Übergriffen und rechtsextremen Ausschreitungen. Zugleich nahmen in München und Zwickau zusammen rund 5 000 Menschen an Demonstrationen gegen rechte Gewalt teil.

(RPO Archiv)
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