Gaucks kluge Anstöße zu Europa

Ein neuer Präsident, ein neues Format: Das "Bellevue-Forum" eröffnete Joachim Gauck mit einem Ausblick auf Europa. War es eine große Rede, so wie die "Ruck-Rede", die Roman Herzog einst erfand, oder die "Islam-gehört-zu-Deutschland"-Bemerkung, mit der Christian Wulff aufhorchen ließ?

Gaucks Europa-Rede war nicht auf Effekte angelegt. Zu Wulff blieb er mit dem Hinweis auf die Muslime, die "selbstverständlicher Teil unseres europäischen Miteinanders geworden" seien, in vornehmer Distanz. Und er richtete seine Botschaften auch nicht nur an die Deutschen. Es war eine Europa-Rede für ganz Europa. Besonders nachdrücklich in den Passagen, in denen er die Briten bat, Teil des Projektes zu bleiben. Und es war eine Rede, die sich der Herausforderung und dem oft beklagten Versäumnis stellte, den Europäern eine neue "Erzählung" zu liefern. Gauck setzte hier beachtliche Impulse: die Werte, die Ideen zu einer europäischen Öffentlichkeit, die Identität, die erst von außen emotional richtig fühlbar wird. Das waren kluge Anstöße. Wie groß diese Rede letztlich war, wird auch davon abhängen, wie konsequent nicht zuletzt Gauck selbst weitere Kapitel dieser "Erzählung" liefert.

(may-)
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