Lockerbie: Libyen will Schadenersatz für Sanktionen Gaddafi: Verurteilter ist unschuldig

Tripolis/London (dpa). Der libysche Revolutionsführer Muammar el Gaddafi will am Montag Beweise dafür vorlegen, dass der Libyer Abdel Bassit Ali el Mekrahi (48) zu Unrecht wegen des Bombenattentats von 1988 auf den US-Jumbojet über Lockerbie verurteilt worden ist. Dies sagte Gaddafi am Donnerstag einem Korrespondenten des britischen Rundfunks BBC am Rande von Feiern für den freigesprochenen anderen libyschen Angeklagten Amin Chalifa Fuheima (44).

Gaddafi sagte auf die Frage, ob Libyen bereit sei, das von Großbritannien und den USA geforderte Schmerzensgeld für die Angehörigen der 270 Todesopfer zu zahlen, Libyen werde "vom Westen Entschädigung für die jahrelangen Sanktionen, die wir in den 90er-Jahren erlitten haben", verlangen. Gaddafi kündigte an, er werde am Montag Beweise dafür vorlegen, dass der verurteilte Mekrahi unschuldig sei.

Gaddafi sagte laut BBC, nachdem er diese Beweise vorgelegt habe, hätten die drei schottischen Richter, die Mekrahi am Mittwoch in Kamp Zeist (Niederlande) wegen des Bombenanschlags auf den PanAm-Jumbojet über Lockerbie zu lebenslanger Haft verurteilten, drei Möglichkeiten. Sie könnten entweder zurücktreten, die Wahrheit sagen oder Selbstmord begehen. Nach dem Bericht des BBC-Korrespondenten Frank Gardner kamen Gaddafis Worte "aus heiterem Himmel": "Jeder war überrascht", berichtete Gardner.

Dem freigesprochenen Fahima wurde nach der Ankunft mit einem Flugzeug der niederländischen Luftwaffe ein begeisterter Empfang bereitet. Fahima wurde nach der Ankunft in eine Kaserne im Zentrum der Hauptstadt Tripolis gefahren, die vor 15 Jahren durch US- Luftangriffe zerstört worden war. Die USA hatten die Luftangriffe mit einem vorherigen Anschlag auf eine Discothek in Berlin begründet, für die sie Libyen verantwortlich machten.

Libyen will den Hinterbliebenen der 270 Opfer des Anschlages von Lockerbie den geforderten Schadenersatz zahlen, wenn der verurteilte Geheimagent auch im Berufungsverfahren schuldig gesprochen werden sollte.

Der libysche Botschafter in London, Mohammed Azwai, sagte am Donnerstag in einem BBC-Interview: "Wir haben schon vorher gesagt, dass wir dann jede Kompensation zahlen werden, falls unser Volk schuldig ist, aber bis es so weit ist, betrachten wir die Sache juristisch als noch nicht abgeschlossen."

Das Urteil vom Mittwoch sei noch nicht endgültig gewesen. "Nach dem Berufungsurteil werden wir über Schadensersatz reden. Wir werden unsere Pflicht tun, wie wir schon dem Sicherheitsrat gesagt haben."

Der britische Außenminister Robin Cook kommentierte dies mit den Worten: "Ich finde es doch ziemlich interessant, dass der Botschafter diese weiteren Schritte nicht ausschließt. Wenn der Schuldspruch bestehen bleibt, dann muss Libyen akzeptieren, dass es diese weiteren Schritte unternehmen muss." Das bedeute, dass Libyen in einer offiziellen Erklärung die Verantwortung für den Bombenanschlag auf das US-Passagierflugzeug im Dezember 1988 übernehmen und außerdem Schadensersatz zahlen müsse. Vorher könnten die noch bestehenden Sanktionen gegen das Land nicht aufgehoben werden.

(RPO Archiv)
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