Regierung skeptisch Furcht vor Seuchenausbruch: Forderung nach MKS-Impfungen

Berlin/Cottbus (rpo). Die Forderungen nach einer Massenimpfung gegen die grassierende Maul- und Klauenseuche werden lauter. Hervor tun sich dabei vor allem Union und FDP. Währenddessen bleibt die Regierungskoalition skeptisch - eine solche Impfungsaktion wäre nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar.

Bei einer Sondersitzung des Agrarausschusses des Bundestags forderte die Opposition aus Union und FDP am Freitag schnelle Impfungen. Die FDP sprach sich für Impfungen in einem Korridor entlang der Grenze zu Holland aus. Die Bundesregierung hat jedoch weiter starke Bedenken gegen flächendeckende Schutzimpfungen, die das EU-Recht nicht zulässt. Da auch geimpfte Tiere die Seuche weiter übertragen können, ohne jedoch die Krankheitssymptome zu zeigen, befürchteten Veterinäre, dass Impfungen die Seuche derzeit eher weitertragen als eindämmen könnten, sagte eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums. Die Agrarminister der Länder plädierten bei einer Sitzung in Cottbus für Ringimpfungen in bestimmten Gebieten als letztes Mittel, um ein Ausbreiten der Seuche zu verhindern. Die Minister kündigten an, im Fall eines MKS-Ausbruchs in Deutschland entsprechend dem nationalen Krisenplan von Ende Februar zu handeln. Dieser sieht ein dreistufiges Verfahren vor: Befallene Viehbestände werden getötet und beseitigt. Wenn dies zur Eindämmung der Seuche nicht ausreicht, werden die Bestände geimpft und anschließend ebenfalls getötet. Erst wenn die Gefahr besteht, dass MKS sich noch weiter ausbreitet, ist eine so genannte Ringimpfung im weiteren Umfeld vorgesehen.

In Niedersachsen war bis Freitagmittag noch nicht geklärt, ob es sich bei dem am Donnerstag gemeldeten Verdachtsfällen um MKS handelt. Auf einem Bauernhof im Landkreis Verden waren zwei Tiere tot aufgefunden worden, weitere hatten Fieber.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Peter Harry Carstensen (CDU), sah Impfungen als "letztes Mittel", um ein Übergreifen der Seuche auf Deutschland noch verhindern zu können. "Wir müssen bei der Sicherheit möglichst an 100 Prozent herankommen", sagte er. Das Fleisch sowohl von geimpften als auch MKS-infizierten Tieren könne ohne gesundheitliche Gefahren verzehrt werden. Von der Seuche befallene Tiere litten qualvolle Schmerzen, wenn sie nicht geimpft seien.

Der Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Alexander Müller (Grüne), verwies auf EU-Recht. Demnach sind vorbeugende Gebietsimpfungen unzulässig. Möglich seien nur Notimpfungen und anschließende Schlachtung des Viehs, wenn die Seuche bereits im Land ausgebrochen sei. Wenn geimpft werde, müsse die deutsche Landwirtschaft außerdem Handelsbeschränkungen hinnehmen. Bei Schutzimpfungen sei nicht mehr möglich, zu erkennen, ob die Seuche in dem Impfgebiet ausgebrochen sei. Außerdem sei wissenschaftlich nicht erwiesen, dass Impfungen generell Schutz vor MKS bieten.

Ein Vorstoß von Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) im EU-Agrarrat, die bisherige Nichtimpf-Politik zu überdenken, sei auf Widerstand der Mitgliedsländer gestoßen, sagte Müller.

Der Abteilungleiter für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin im Ministerium, Bernhard Kühnle, sagte der "Berliner Morgenpost", flächendeckende Impfungen würden "fachlich keinen Sinn machen". Es sei unmöglich, gegen die Vielzahl der verschiedenen Virenstämme Prophylaxe zu bieten. Geimpfte Tiere bildeten ebenso wie infizierte Tiere Antikörper gegen das Virus. "Wer flächendeckend impft, läuft also Gefahr, den Gesamtüberblick über das Seuchengeschehen zu verlieren, weil wir infizierte Tiere dann nicht mehr eindeutig identifizieren können."

Nach England, Frankreich und Holland war am Donnerstag auch in Irland ein erster MKS-Fall bestätigt worden. Zwischen den Niederlanden und der EU brach ein Streit über die Notimpfung von Tieren aus.

(RPO Archiv)
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