Rom Fünf-Sterne-Partei gewinnt Wahl in Italien

Rom · Ex-Premier Silvio Berlusconi erhält allerdings mit seinem rechten Bündnis die meisten Stimmen.

Bei der Parlamentswahl in Italien ist die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung gestern laut ersten Prognosen kurz nach Schließung der Wahllokale um 23 Uhr stärkste Kraft geworden. Sie erreichte für die Abgeordnetenkammer zwischen 29,5 und 32,5 Prozent der Stimmen, wie aus Nachwahlbefragungen für den öffentlich-rechtlichen Sender Rai hervorging.

Das Mitte-rechts-Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi liegt demnach bei 33 bis 36 Prozent. Das Bündnis besteht aus Berlusconis Forza Italia, die allein zwischen 12,5 bis 15,5 Prozent lag, der Rechtsaußen-Bewegung Lega Nord sowie der nationalistischen Vereinigung Fratelli d'Italia ("Brüder Italiens"). Das Linksbündnis der regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Paolo Gentiloni kam auf 24,5 bis 27,5 Prozent. Laut der Prognose kommt allerdings keine Partei und auch kein Bündnis auf eine Mehrheit der Sitze. Für eine Regierungsmehrheit benötigen die Parteien beziehungsweise die Bündnisse etwa 40 bis 42 Prozent der Stimmen.

Rund 46 Millionen Stimmberechtigte waren gestern aufgerufen, über die Verteilung der 630 Sitze im Abgeordnetenhaus und die 315 Senatorenposten abzustimmen. Wie das Innenministerium mitteilte, lag die Wahlbeteiligung bei 71,48 Prozent. 2013 waren es noch 75 Prozent.

Während des Wahltags kam es zu einigen Kuriositäten. In der sizilianischen Hauptstadt Palermo öffneten 200 Wahllokale verspätet, weil fehlerhafte Stimmzettel neu gedruckt werden mussten. In Rom wurden in einem Wahllokal die Namen von Senatoren und Abgeordneten falsch aufgeführt und 36 ausgefüllte Stimmzettel kurzerhand aus der Wahlurne genommen. Viele Wähler beschwerten sich über Schlangen in den Wahllokalen, weil bei der Stimmabgabe ein neuer Sicherheitsschritt eingeführt wurde, um Wahlbetrug zu verhindern. Berlusconi - einst bekannt für seine "Bunga Bunga"-Sexpartys - wurde beim Wählen von einer barbusigen Femen-Aktivistin empfangen. "Berlusconi, du bist abgelaufen", stand auf dem nackten Oberkörper der Frau, die in dem Wahllokal in Mailand auf einen Tisch geklettert war.

Der Wahlkampf war geprägt von Unzufriedenheit über die Flüchtlingszuwanderung, hohe Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftsentwicklung. Die Staatsverschuldung ist eines der größten Probleme des Landes. Sie liegt bei mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes - in Deutschland bei 68 Prozent. Dennoch versprechen alle Parteien Steuerentlastungen.

(RP)
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