Eine Chronik Fünf Monate Hausarrest für Arafat

Frankfurt/Main (rpo). Fünf Monate lang konnte sich Jassir Arafat nicht frei bewegen. Die letzten fünf Wochen war er zudem auf seinen von Panzern umstellten Amtssitz in Ramallah eingeschränkt. Die Zeit dieses faktischen Hausarrests zeichnet diese Chronik nach.

3. Dezember 2001 - Israelische Kampfhubschrauber beschießen den Hubschrauberlandeplatz von Arafats Hauptquartier in Gaza und zerstören drei dort abgestellte Helikopter. Arafat selbst hält sich jedoch zu diesem Zeitpunkt in seinem Regierungssitz in Ramallah im Westjordanland auf, den er in der Folgezeit nicht mehr verlassen kann.

24. Dezember - Die israelische Regierung untersagt Arafat die Teilnahme am Weihnachtsgottesdienst in Bethlehem. Der israelische Ministerpräsidenten Ariel Scharon macht die Reiseerlaubnis von der Bedingung abhängig, dass Arafat die Mörder von Tourismusminister Rehawam Seewi verhaften lässt.

18. Januar 2002 - Wenige Stunden nach einem neuen blutigen Anschlag palästinensischer Extremisten auf eine israelische Familienfeier in der Stadt Hadera zerstören Kampfflugzeuge den Sitz der palästinensischen Autonomieverwaltung in Tulkarem im Westjordanland. Außerdem schließen Panzer einen engen Ring um Ramallah, wo Arafat am Verlassen der Stadt gehindert wird.

6. März - Israelische Streitkräfte feuern eine Rakete auf den Sitz Arafats in Ramallah ab, während sich dieser gerade mit dem EU-Nahost-Gesandten Miguel Moratinos trifft.

18. März - Die USA verstärken ihre Bemühungen um eine Waffenruhe im Nahen Osten. US-Vizepräsident Dick Cheney trifft in Jerusalem zwei Mal mit Scharon zusammen. Ein Gespräch mit Arafat lehnt Cheney ab.

26. März - Arafat verzichtet auf eine Teilnahme am Gipfel der Arabischen Liga in Beirut. Wenige Stunden zuvor hatte Scharon von den USA das Recht gefordert, Arafat nach dem Beiruter Gipfel die Rückreise zu verweigern, falls es während dessen Abwesenheit zu Terroranschlägen kommen sollte.

27. März - Bei einem Selbstmordattentat in der Lobby eines Hotels in der Küstenstadt Netanja werden 28 Menschen getötet.

29. März - Scharon erklärt Arafat offiziell zum Feind. Israelische Truppen schießen das Hauptquartier Arafats in Ramallah sturmreif und besetzen einen großen Teil der Gebäude nach heftigen Kämpfen. Arafats Bewegungsspielraum wird auf sein Büro eingeschränkt.

1. April - Panzer rücken auch in Bethlehem, Tulkarem, Kalkilja und El Chader ein. Für die "Operation Schutzwall" sollen 20.000 zusätzliche Soldaten mobilisiert werden.

2. April - Israel spricht erstmals öffentlich davon, Arafat ins Exil zu schicken. In einem Interview des Fernsehsenders El Dschasira erklärt Arafat, dass er lieber zum Märtyrer werden will, als ins Exil zu gehen.

4. April - Scharon verweigert einer hochrangigen EU-Delegation ein Treffen mit Arafat.

5. April - Der US-Gesandte Anthony Zinni trifft als erster ausländischer Vermittler nach Beginn der Militäroffensive mit dem eingeschlossenen Präsidenten zusammen.

14. April - US-Außenminister Colin Powell spricht in Ramallah drei Stunden lang mit Arafat. Den Verlauf der Unterredung bezeichnet Powell danach als "nützlich und konstruktiv".

17. April - Arafat ruft US-Präsident George W. Bush und die internationale Gemeinschaft dazu auf, ein Ende seiner seit 20 Tagen andauernden Isolierung zu erwirken. Powells Vermittlungsmission bleibt ohne konkretes Ergebnis.

18. April - Der jordanische Außenminister Marwan Muascher spricht in Ramallah mit Arafat. Er wird von einem Arzt begleitet, der Arafat untersucht. Dieser attestiert dem Präsidenten einen guten Gesundheitszustand.

21. April - Scharon erklärt im israelischen Rundfunk, dass die Militäroffensive im Westjordanland ihren Zweck erfüllt hat. Nach dreiwöchiger Besatzung zieht sich die israelische Armee aus Nablus und Ramallah weitgehend zurück. Der Sitz des palästinensischen Präsidenten bleibt weiterhin umstellt, auch die Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem dauert an.

25. April - Ein provisorisches palästinensisches Gericht verurteilt vier am Attentat auf den israelischen Tourismusministers Rehavam Seewi beteiligte Männer zu Haftstrafen zwischen einem und 18 Jahren. Scharon macht aber deutlich, dass ihn dieses Urteil nicht interessiert. Er will die Beschuldigten in Israel vor Gericht stellen.

28. April - Das israelische Kabinett billigt einen Vorschlag der USA zur Beendigung der Belagerung von Arafats Amtssitz. Demnach sollen sechs von Israel gesuchte Extremisten in Haft genommen werden und der Bewachung von Amerikanern oder Briten unterstellt werden. Im Gegenzug darf der Präsident wieder frei in den Autonomiegebieten reisen.

1. Mai - Israelische Truppen beginnen mit dem Rückzug. Zugleich treffen sechs von Israel gesuchte Gefangene in Begleitung von britischen und amerikanischen Offizieren in Jericho ein.

2. Mai - Arafat kann seinen Amtssitz in Ramallah verlassen, der faktische Hausarrest ist beendet.

(RPO Archiv)
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