Oslo/Genf Friedensnobelpreis für Chemiewaffen-Jäger

Oslo/Genf · Jahrelang war sie nur Abrüstungsexperten ein Begriff, doch durch Syrien ist die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen ins internationale Rampenlicht gerückt.

Oslo/Genf: Friedensnobelpreis für Chemiewaffen-Jäger
Foto: Syrian Television Handout

Der Einsatz der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) zur Zerstörung des Giftgas-Arsenals des Assad-Regimes im syrischen Bürgerkrieg gilt als historisch. Das wollte nun wohl auch die Jury des Friedensnobelpreises honorieren. Die hohe Ehrung lässt die in den Niederlanden ansässige OPCW mit ihren rund 500 Mitarbeitern endgültig aus ihrem Schattendasein heraustreten.

"Ich freue mich in aller Bescheidenheit, diesen Preis entgegennehmen zu dürfen, um ihn dankbar an die Angestellten unserer Organisation weiterzureichen", sagte OPCW-Chef Ahmet Üzümcü. "Das ist fantastisches Timing. Dieser Preis kann direkt friedensbewahrend sein", lobte der ehemalige norwegische UN-Waffeninspektor Jörn Siljeholm mit Blick auf die laufende Syrien-Mission. Die Nobelpreis-Jury betonte jedoch, dass die Verleihung vor allem die zurückliegende Arbeit der Organisation ehrt. Die OPCW ist für die Umsetzung der Chemiewaffenkonvention (CWC) zuständig. Diese gilt als erfolgreichste überhaupt im Bereich der Abrüstung: Gut 80 Prozent aller bekannten Chemiewaffenarsenale weltweit konnten durch sie zerstört werden. Insgesamt konnte die OPCW bis Ende September die Zerstörung von mehr als 58 000 Tonnen der deklarierten 71 000 Tonnen an giftigen chemischen Substanzen melden.

Doch nicht alle heutigen CWC-Mitgliedsstaaten haben ihrer Verpflichtung zur völligen Vernichtung ihrer Chemiewaffenarsenale bis zum April 2012 bislang auch Taten folgen lassen. "Dazu gehören insbesondere die USA und Russland", rügte der Jury-Vorsitzende Torbjörn Jagland. Er sehe die Preisverleihung als "Ansporn" für diese Länder. Das jährlich den weltweiten Waffentransfer analysierende Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri begrüßte die Entscheidung von Oslo. Der Erfolg der OPCW zeige, "dass eine Welt frei von Massenvernichtungswaffen politisch und technisch tatsächlich machbar ist".

Auch der deutsche Abrüstungsexperte Ralf Trapp wertet mit Blick auf Syrien die Preisverleihung als wichtiges politisches Signal: "Abrüstung kann möglich sein, auch unter den schwierigsten Bedingungen, selbst in einem Krieg", unterstreicht Trapp, der als deutsches Delegationsmitglied über die internationale Chemiewaffenkonvention verhandelte und bei der OPCW in leitenden Funktionen wirkte.

Auf die Chemiewaffenpolizei wartet noch jede Menge Arbeit, denn die weltweite Zerstörung der Horror-Arsenale ist noch längst nicht abgeschlossen. "Die Vernichtung der chemischen Waffen schreitet langsamer voran als geplant", bestätigt das Auswärtige Amt in Berlin. Woran hapert es? "Am politischen Willen der Chemiewaffen-Staaten, ihre Arsenale zu vernichten, besteht kein Zweifel", heißt es dazu aus dem Auswärtigen Amt. Vielmehr müsse die OPCW immer wieder mit technischen, administrativen und finanziellen Problemen kämpfen. Zumal man sehr darauf achten müsse, dass die Zerstörung der hochgiftigen Substanzen umweltgerecht erfolgt.

Chemiewaffenexperte Trapp bestätigt das. "Die Vernichtung ist ein komplexer Prozess in eigens dafür hergestellten Anlagen", betont Trapp. Viele der Gifte werden dabei unter extrem hohen Temperaturen verbrannt. Die dazugehörige Munition, Produktionsanlagen und andere Apparaturen werden gleichzeitig mit schwerem Gerät vernichtet.

"Das kann aber nur dann funktionieren, wenn die OPCW-Inspekteure ohne Gefährdung arbeiten können", warnt Trapp. In Syrien hat die OPCW noch viele Monate zu tun.

(RP)
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