Wahl am Sonntag Freistaat Sachsen ohne Freie Demokraten

Düsseldorf · Am Sonntag wird in Sachsen gewählt. Danach dürfte es für die CDU heißen: Eine Koalition mit der FDP geht rechnerisch nicht, ein Bündnis mit der AfD politisch nicht.

 Die FDP setzt in Sachsen im Wahlkampf auf eine schwarz-gelbe Koalitionsaussage.

Die FDP setzt in Sachsen im Wahlkampf auf eine schwarz-gelbe Koalitionsaussage.

Foto: dpa, woi vfd fux

Am Sonntag sind 3,5 Millionen Wahlberechtigte in Sachsen dazu aufgerufen, den Landtag in Dresden neu zu wählen - bei der ersten Landtagswahl nach der Bundestagswahl. Es erscheint als nicht unwahrscheinlich, dass auch aus dieser Abstimmung wie aus jener 2013 im Bund eine Regierung der großen Koalition von Union und SPD hervorgeht; und dass im Übrigen wie vor einem Jahr auch in Sachsen ein CDU/FDP-Bündnis - es wäre das letzte seiner Art - vom Wähler unmöglich gemacht wird.

Und höchstwahrscheinlich zieht erstmals die neue Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) in einen Landtag ein - was einen weiteren politischen Nackenschlag für die Liberalen bedeutete. Wenn die in Sachsen teilweise rechtspopulistische AfD tatsächlich fast doppelt so viele Stimmen erzielte wie die Traditionspartei FDP, stünde die Sachsen-Wahl auch für einen bundespolitisch bedeutsamen Einschnitt in der Parteienlandschaft.

Die FDP mit dem bodenständigen Werbefachmann Holger Zastrow an der Spitze gibt sich betont wirtschaftsliberal. Zastrow, der auf jegliche Wahlkampf-Unterstützung des ihm zu weichgespült erscheinenden Bundesvorsitzenden Christian Lindner verzichtete, setzt darauf, dass bürgerlich-freiheitlich gesinnte Wähler der "Sozialdemokratisierung der CDU in der Berliner Koalition mit der SPD" nun die Stirn bieten wollen; und dass von der siech wirkenden Bundes-FDP nur ja keine bedrohlich ansteckende Wirkung ausgeht. Die in den sächsischen Landesfarben schwarz und gelb gestreiften FDP-Plakate mit dem Abgrenzungs-Aufdruck "Sachsen ist nicht Berlin" stehen symbolisch für das "Wir sind wir" der Liberalen im Freistaat Sachsen, dem viele prophezeien, er werde bald schon das Bayern des Ostens sein.

 Der Spitzenkandidat der FDP und Parteivorsitzende in Sachsen, Holger Zastrow, bei einem Auftritt in Dresden.

Der Spitzenkandidat der FDP und Parteivorsitzende in Sachsen, Holger Zastrow, bei einem Auftritt in Dresden.

Foto: dpa, mhi hpl

Zu befürchten ist, dass nur etwa die Hälfte der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilnimmt; denn so war es bereits beim vergangenen Wahltag 2009; diesmal kommt hinzu, dass am letzten sächsischen Ferienwochenende gewählt wird. Später zu wählen, verbot sich aus verfassungsrechtlichen Gründen. Und früher? Das wollte man wegen der Fußball-WM vermeiden.

Da nach wie vor der altbekannte Spruch gilt: "Die Sachsen sind helle", wird das aufgeweckte Völkchen zwischen Leipzig und Dresden, Plauen und Görlitz nach allen Prognosen übermorgen nicht so töricht sein wie der sprichwörtliche Esel, der sich aufs Eis wagt, wenn es ihm zu wohl ist. Das heißt: Der alte Ministerpräsident - Stanislaw Tillich von der CDU - wird wohl auch der künftige sein. Das bedeutete Kontinuität an der Spitze mit Landesvater Tillich, der seit 2008 regiert und den manche wegen seiner unaufgeregten, soliden, auch etwas langweiligen Art charakterlich-stilistisch mit Angela Merkel vergleichen, getreu dem angestaubten Werbeslogan: Da weiß man, was man hat.

Politikwissenschaftler Werner Patzelt von der TU Dresden sagte jüngst im Deutschlandfunk: Dass die Union (Prognose für Sonntag: etwa 40 Prozent) auch die kommenden fünf Jahre regieren werde, liege "an der konsistenten Politik in puncto Haushalt, Wissenschaft, Wirtschaft, Infrastruktur". Eine offene Flanke bietet für die Opposition aus Linkspartei (Prognose: 19 bis 20 Prozent) und Grünen (sechs bis sieben) die ungenügende Versorgung sächsischer Schulen mit jungen Lehrern. Noch kann die Regierung mit dem Hinweis kontern, Sachsen führe die deutsche Bildungsrangliste an, habe außerdem die höchste Investitionsquote (18 Prozent) und eine noch geringere Pro-Kopf-Verschuldung als Bayern.

Also: Kein Hauch von Wechselstimmung im Land, sieht man von dem erwarteten Ende für Schwarz-Gelb ab. Die Sachsen mögen sich denken: Wenn es mangels Masse der FDP keine Wiederauflage der CDU/FDP-Koalition gibt, dann soll es eben eine große Koalition richten. Diese Konstellation ist beliebt bei Alt und Jung; am wenigsten wünschen sich die Sachsen, die an süddeutschen Erfolgsländern Maß nehmen und mehrheitlich, anders als die Thüringer am 14. September, keine linken Experimente wünschen, eine rot-rot-grüne Regierung in Dresden. Schwarz-Grün - das passte zur Not noch.

Am stärksten wünscht sich das die Grünen-Landeschefin Antje Hermenau, die endlich mitregieren will; Tillich und die CDU würden die in Sachsen nach der Wende traditionell schwache SPD vorziehen, mit der man zwischen 2004 und 2009 reibungslos zusammengearbeitet hat. Eine Koalition CDU/AfD wird es - selbst wenn das rechnerisch möglich wäre - nicht geben. Die Bundes-CDU will das nicht, die Sachsen-CDU riskiert das nicht, und die AfD weiß, dass sie zum Regieren noch nicht reif ist.

(RP)
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