Freispruch zweiter Klasse für Kachelmann

Mannheim (RP) Der Prozess gegen den wegen schwerer Vergewaltigung angeklagten Wettermoderator Jörg Kachelmann ist mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Nach Auffassung des Landgerichts Mannheim gibt es "begründete Zweifel an der Schuld" des 52-jährigen Schweizers. Er sei deshalb nach dem Grundsatz "In dubio pro reo" (Im Zweifel für den Angeklagten) freizusprechen. Der Vorsitzende Richter Michael Seidling betonte jedoch, der Freispruch beruhe nicht darauf, dass die Kammer von der Unschuld Kachelmanns oder einer Falschbeschuldigung der Nebenklägerin überzeugt sei. Beobachter werteten dies als "Freispruch zweiter Klasse".

Die Anklage hatte Kachelmann besonders schwere Vergewaltigung seiner Ex-Freundin vorgeworfen und eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten gefordert. Die 38-jährige Radiomoderatorin beschuldigte den Wettermoderator, sie am 9. Februar 2010 nach einem Streit in ihrer Wohnung mit einem Küchenmesser bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann bestreitet das. Seine Verteidiger hatten deshalb Freispruch beantragt. Die Staatsanwaltschaft erklärte nach der Urteilsverkündung, sie prüfe, ob sie Revision einlege. Auch der Vertreter der Nebenklägerin, Thomas Franz, prüft eine Revision.

Scharfe Kritik übte das Gericht an den Medien und Internet-Blogs. Persönlichkeitsrechte seien "mit Füßen getreten" worden. Zudem äußerte Richter Seidling Unverständnis für die Verteidigung, die dem Gericht gegenüber Respekt habe vermissen lassen. Verteidiger Johann Schwenn sagte, er sei mit dem Freispruch zwar zufrieden. "Was wir aber hinterher gehört haben, war erbärmlich." Der Moderator wird für die viermonatige Untersuchungshaft entschädigt. Außerdem könnte der 52-Jährige Verdienstausfall geltend machen und einen Schmerzensgeld-Prozess gegen seine Ex-Freundin anstrengen.

Kachelmann will ab sofort wieder für den von ihm gegründeten Wetterdienst Meteomedia arbeiten. Bei der ARD plant man noch nicht mit einer Rückkehr des Wettermoderators. "Solange das Urteil keine Rechtskraft erlangt hat, sieht die ARD in dieser Angelegenheit keinen Entscheidungsbedarf", sagte ein ARD-Sprecher.

(RP)
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