Pflege ist weiblich Frauen fürchten Überlastung durch Pflege

Berlin · Eine Studie zeigt: Millionen kümmern sich unter enormen Mühen um ihre Angehörigen. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt rasant.

Gesellschaft leisten, Essen kochen, an- und ausziehen, beim Waschen helfen — zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. In den meisten Fällen sind es Frauen, die diese Arbeit übernehmen. Wie eine Allensbach-Umfrage im Auftrag der Versicherung R+V zeigt, ist die typische Pflegende 61 Jahre alt, verheiratet, nicht berufstätig, hat zwei Kinder und pflegt bereits länger als drei Jahre.

Allerdings gibt es unter den Pflegebedürftigen auch doppelt so viele Frauen wie Männer. Dies liegt daran, dass Frauen im Durchschnitt fünf Jahre länger leben als Männer und damit auch ein bedeutend höheres Risiko haben, zum Pflegefall zu werden. Rund zehn Millionen Menschen in Deutschland haben heute schon einen Pflegefall in der Familie. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird dies der Studie zufolge auf rund 27 Millionen Bürger hierzulande zutreffen. "Unsere Gesellschaft rast im Eiltempo in die Pflegefalle", sagte R+V-Vorstandsmitglied Tillmann Lukosch.

Für viele Angehörige bedeutet die Pflege einen ähnlichen Aufwand wie ein Halbtagsjob: Für den direkten Dienst an den Angehörigen wendet mehr als die Hälfte der Pflegepersonen täglich mehr als drei Stunden auf.

In etwa der Hälfte der Fälle kümmern sich die Angehörigen um den eigenen Vater oder die eigene Mutter. Ein Drittel der persönlichen Pflege gilt dem Partner. Eher geringer sind die Anteile von Schwiegereltern, Großeltern oder anderen Personen, die gepflegt werden.

Die Versorgung der Angehörigen wird von zwei Drittel der Betroffen als psychisch belastend wahrgenommen — unabhängig davon, wie aufwendig die Pflege ist. Die psychische Belastung wird in allen Pflegestufen stärker als die körperliche Belastung wahrgenommen. So machen sich fast 70 Prozent der pflegenden Angehörigen Sorgen darüber, wie sich ihre Situation in Zukunft entwickelt. Die Befürchtung, der Belastung bald nicht mehr gewachsen zu sein, nannten deutlich mehr als die Hälfte der Befragten. Der Eindruck, dass sich in ihrem Leben alles nur noch um die Pflege des Angehörigen drehe, hat sich bei immerhin 29 Prozent der privat Pflegenden verfestigt. Die Betroffenen geben aber auch positive Rückmeldungen: Viel Zuspruch aus dem Umfeld erhalten 46 Prozent. Ebenso viele meinen, dass ihr Verhältnis zu den Angehörigen durch ihren Einsatz besser geworden sei.

Bei der Pflege zeigen sich in Bezug auf die Vereinbarkeit mit dem Beruf ähnliche Probleme wie bei der Kindererziehung. Die pflegenden Angehörigen beschränken sich vielfach auf einen Teilzeit-Job oder sind gar nicht erwerbstätig. Dies wiederum hat zur Folge, dass sie selbst weniger gut für das Alter vorsorgen. Die Allensbach-Studie förderte auch zutage, dass die pflegenden Angehörigen vielfach schlecht informiert sind, wie es um ihre eigene Absicherung bestellt ist. So geht etwa ein Viertel der Befragten davon aus, dass sie über eine private Pflegezusatzversicherung verfügen. Dies haben nach Angaben der Versicherungswirtschaft aber nur zwei Prozent der Bundesbürger.

Nach offiziellen statistischen Angaben liegt die Zahl der Pflegefälle derzeit bei rund 2,4 Millionen. Nach Ansicht der Experten gibt es aber eine hohe Dunkelziffer. Für jede fünfte Pflege zu Hause sei noch kein Antrag an die Pflegeversicherung gestellt, sagte die Autorin der Studie, Allensbach-Chefin Renate Köcher.

(qua)
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