Paris Frankreichs Konservative auf den Barrikaden

Paris · Präsident François Hollande hat den Widerstand gegen die Einführung der Homo-Ehe unterschätzt.

Der Widerstand gegen die geplante Homo-Ehe in Frankreich hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Ausmaß der Kundgebungen, das Meer von rosafarbenen und hellblauen Fahnen und Ballons, die Menschenmengen, die sich durch Paris wälzten, haben gezeigt, dass der Protest gegen die Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen zu einem regelrechten Massenphänomen geworden ist.

Damit haben die Veranstalter ihr Ziel erreicht, eine "Demonstration für alle" gegen die "Ehe für alle" zu organisieren. Seit mehreren Monaten streiten die Parteien über das Gesetzesvorhaben zur Homo-Ehe. Der sozialistische Staatschef François Hollande will damit eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen umsetzen.Für die konservative Opposition ist das Thema allerdings wie geschaffen, um die eigenen Anhänger zu mobilisieren.

Im November brachte der Ministerrat zudem einen Gesetzentwurf auf den Weg, der schwulen und lesbischen Paaren ein Adoptionsrecht und den Zugang zur künstlichen Befruchtung ermöglichen soll.

Hollande hatte wohl auf die liberale Grundstimmung im laizistischen Frankreich gebaut und gehofft, dass seine erste große Gesellschaftsreform ohne Probleme durchgehen würde. Doch da hat er sich gründlich getäuscht. Zwar sind die Franzosen Umfragen zufolge mehrheitlich für die Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren, aber die katholische Kirche, jüdische und muslimische Institutionen und Vertreter der Protestanten lehnen diese vehement ab. Und die Zahl der Gegner wächst täglich.

Inzwischen hat sich der Widerstand zu einer Protestbewegung ausgewachsen, der sich auch ganz gewöhnliche Familien angeschlossen haben. Vor allem das geplante Adoptionsrecht stößt auf Unmut. "Es gibt nichts Besseres für ein Kind als eine Mama und einen Papa" war daher am Wochenende auf den Transparenten zu lesen und: "Wir entstammen alle einem Mann und einer Frau."

Homosexuellen geht die bestehende Rechtslage nicht weit genug. Zwar können sie seit 1999 mit dem sogenannten "Pacs" eine eingetragene Lebensgemeinschaft eingehen. Bei Erbschaften oder der Hinterbliebenenrente sind die "Pacsés" hingegen Eheleuten nicht gleichgestellt. Zudem können Schwule und Lesben zwar als Einzelpersonen ein Kind adoptierten, nicht aber als Paar.

Hollande sieht das traditionelle Familienbild als längst überholt an und wertet die geplante Gleichstellung daher als Fortschritt für die ganze Gesellschaft. Doch nun spürt der Präsident heftigsten Gegenwind. Die Homo-Ehe wird, neben der Reichensteuer, zur ersten großen Kraftprobe für ihn und seine Regierung. Und die Franzosen fragen sich, ob der tiefe gesellschaftliche Riss den Präsidenten letzten Endes doch zum Rückzug bewegen wird. Danach sieht es, momentan zumindest, nicht aus: Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem erklärte, das Gesetz solle noch im ersten Halbjahr in Kraft treten.

(RP)
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