Paris Frankreichs junge extreme Muslime

Paris · Eine Umfrage fördert weit verbreiteten Fundamentalismus zutage.

Das Meinungsforschungsinstitut Ifop hat das gemacht, was bisher in Frankreich tabu war: Es hat die Muslime des Landes erfasst. Die Ergebnisse sind durchaus erschreckend - vor allem, was die Jugendlichen angeht. 50 Prozent der unter 25-jährigen Muslime hätten sich von den Prinzipien der Republik entfernt, schreibt das "Journal du Dimanche", das die Zahlen veröffentlichte. Auf alle Muslime gerechnet liegt der Anteil der "Ultras", wie die Zeitung sie nennt, bei 28 Prozent. Sie sind der Meinung, dass das islamische Rechtssystem, die Scharia, über den Gesetzen der Republik steht. "Aber das will nicht heißen, dass sie radikalisiert sind. Sie sind nur sehr streng gläubig und haben Schwierigkeiten mit der Laizität", sagt die Journalistin Marie-Christine Tabet, die die Umfrage bearbeitete.

Die Laizität, die strenge Trennung von Kirche und Staat, gilt in Frankreich seit 1905. Unter Berufung auf dieses Prinzip, das rund zwei Drittel der befragten Muslime gutheißen, sind seit 2004 religiöse Symbole in Schulen verboten. Das gilt für Kreuze ebenso wie für die jüdische Kippa, aber vor allem für das Kopftuch.

60 Prozent der befragten Muslime sind der Meinung, dass dieses Kopftuchverbot aufgehoben werden müsste. Eine Forderung, die nicht zur Laizität passt, die die sozialistische Regierung an den Schulen stärken will. So gilt seit drei Jahren eine eigene Charta mit 15 Punkten, die in allen öffentlichen Schulen ausgehängt werden muss. "Es besteht das Risiko, dass Laizität bei einigen zur Ersatzreligion wird", warnt Sylvie Le Grand-Ticchi von der Universität Nanterre. Einen Religionsunterricht wie in Deutschland gibt es in Frankreich nicht.

Nun ruft das Bildungsministerium zu einer Mobilisierung der Schule für die Werte der Republik auf. Doch diese Wertevermittlung gelingt immer schlechter, wie Hakim El Karoui vom Institut Montaigne bemerkt, der die Ifop-Umfrage begleitete. "Die Muslime erleben den Schock einer kulturellen Anpassung in einer ghettoisierenden Schule, die Schwierigkeiten hat, die Werte der Republik zu vermitteln." Bestes Beispiel dafür sind die Attentäter, die in Frankreich geboren wurden und dort auch ihre Schulbildung bekamen.

(RP)
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