Washington Steinmeier und Kerry müssen brüchige Allianz kitten

Washington · Was fünf Jahre doch für einen Unterschied machen! 2009, als Frank-Walter Steinmeier zum letzten Mal als Außenminister nach Washington flog, hing der deutsch-amerikanische Himmel noch voller Geigen.

Antrittsbesuch: Frank-Walter Steinmeier trifft John Kerry
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Barack Obamas rhetorische Brillanz ließ manchen auf Wunder hoffen, die Schließung des Lagers Guantánamo schien in greifbarer Nähe. Edward Snowden hatte die Sammelwut der NSA noch nicht dokumentiert, und im State Department sprach Hillary Clinton vom Charme der "Soft Power", der weichen Macht anstelle militärischer Muskelspiele.

Gestern traf Steinmeier zu einem Besuch in Washington ein. 2014 aber regiert die Ernüchterung. Das Camp Guantánamo gibt es noch immer, das Projekt einer transatlantischen Freihandelszone, vom Exportweltmeister Deutschland energischer gefordert, stößt im Kongress auf Bedenken. Die NSA-Affäre entpuppt sich als Störfaktor, ein No-Spy-Abkommen bleibt Illusion. Die Supermacht, hat das Weiße Haus klargestellt, wird sich gegenüber keinem Land zum Verzicht auf Spionage verpflichten, auch nicht im Geheimdienstverbund mit Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland.

Über allem steht die kühle Erkenntnis, dass auch der Präsident Obama knallhart US-Interessen vertritt. Fünf Jahre nach dem Höhenflug geht es um die Mühen der Ebene, ums Kitten einer bröckelnden Allianz. Fast beschwörend klingt der Titel des Vortrags, den Steinmeier heute in der Brookings Institution hält, einem Think-Tank, der so etwas ist wie die hauseigene Denkfabrik der Demokraten. "Transatlantische Bande für eine neue Generation: Warum sie wichtig sind und was wir tun müssen, um sie zu pflegen".

Was sich noch geändert hat im Vergleich zu 2009, ist die amerikanische Erwartungshaltung. Kaum eine Expertenrunde zum transatlantischen Thema, die nicht die Frage debattiert, ob denn nun Deutschland, der wirtschaftliche Riese, auch geopolitisch Washingtons wichtigster Partner in der Alten Welt werde. "Ist Deutschland zur Führung bereit?", wiederholt Robert A. Pollard, Europa-Experte am Center for Strategic and International Studies, eine häufig gestellte Frage. Zwar habe Steinmeier, ebenso wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, eine verstärkte deutsche Beteiligung an bewaffneten Auslandseinsätzen in Aussicht gestellt, sagt Pollard. "Aber erwarten Sie so schnell keine drastischen Veränderungen."

(FH)
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