Paris Wirtschaftspolitik spaltet Frankreich

Paris · Mit scharfer Kritik am Kurs von Präsident Hollande hat sich der französische Wirtschaftsminister um seinen Job gebracht. Nach dem Rücktritt der gesamten Regierung bereitet Premierminister Valls den Weg für eine neue Mannschaft.

François Hollande triefnass ohne Regenschirm
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François Hollande triefnass ohne Regenschirm

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Foto: afp, FT/MM/RT

Es ist ein absurdes Bild, das François Hollande abgibt. Im strömenden Regen steht der französische Präsident gestern Morgen auf einer bretonischen Insel und gedenkt des Widerstands der Bewohner im Zweiten Weltkrieg. Knapp 600 Kilometer entfernt in Paris herrscht auch ein Unwetter - allerdings ein politisches. Denn Regierungschef Manuel Valls hat nach nur knapp fünf Monaten den Rücktritt eingereicht. Nun darf er ein neues Kabinett bilden. Die neue Regierung solle die Richtung verfolgen, die der sozialistische Präsident vorgegeben hat, heißt es im Elysée-Palast. Damit ist klar, wer dem Kabinett nicht mehr angehören wird: Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg.

Der eigenwillige Linksaußen hatte am Wochenende lautstark einen Kurswechsel gefordert, obwohl Hollande erst kurz zuvor klar gemacht hatte, dass er seine unternehmerfreundliche Politik fortsetzen will. Montebourg hatte mit seinen Forderungen eine scharfe Kritik an der Sparpolitik verbunden, die er als Diktat von Bundeskanzlerin Angela Merkel ansieht. "Frankreich hat nicht die Absicht, sich nach den Obsessionen der deutschen Rechten zu richten", hetzte der Wirtschaftsminister.

Obwohl der smarte 51-Jährige als harter Kritiker Merkels bekannt ist, gingen diese Äußerungen der französischen Regierung zu weit. "Ein Wirtschaftsminister kann sich nicht so äußern, weder zum wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung noch zu einem europäischen Partner Frankreichs", hieß es aus dem Umfeld von Valls. Die Tage des Ministers waren damit gezählt. Montebourg wird nicht mehr zum Kabinett gehören. Der Sozialist kündigte das gestern selbst an.

Mit seiner Meinung steht Montebourg trotzdem nicht allein da. Eine ganze Gruppe von sozialistischen Rebellen, die sogenannten Frondeurs, fordert eine Abkehr vom Sparkurs und ein Ende der sozialliberalen Politik. In der Regierung ist eine derart kritische Haltung allerdings nicht willkommen. Gestern empfing der Premierminister jedes Regierungsmitglied einzeln, um von ihm den Treueschwur zu erhalten. "Die Regierung hätte riskiert, wie ein führerloses Schiff auszusehen, wenn sie zugesehen hätte, wie der Riss der Frondeurs in der Regierung selber größer wird", schreibt die Zeitung "Le Monde".

Und genau diesen Eindruck wollte der so oft als entscheidungsschwach geschmähte Hollande vermeiden. Deshalb traf er sich in den vergangenen Tagen gleich zweimal mit Valls, um über eine starke Reaktion zu beraten. Hollande selbst soll Valls den Regierungsrücktritt empfohlen haben. Allerdings wird das Führungsduo mit dem Rausschmiss von Montebourg das Problem nicht wirklich los. Denn der charismatische Politiker, der selbst gerne einmal Präsident werden möchte, gibt sicher einen wortgewaltigen Sprecher der Rebellen ab.

Diese dürften damit gestärkt aus der Regierungsumbildung hervorgehen und auch in der Nationalversammlung mutiger als bisher gegen die Gesetzesvorhaben der Regierung stimmen. Hollandes parlamentarische Mehrheit ist damit in Gefahr. Denn von den Grünen, die im April aus der Regierung ausgeschieden sind, stimmen nur einzelne für Hollandes Projekte. Und der Koalitionspartner Radikale Linkspartei hat ebenfalls bereits damit gedroht, die Regierung zu verlassen.

Kein Wunder, dass der rechtspopulistische Front National (FN) bereits seine Stunde kommen sieht. "Unter diesen Bedingungen ist es mehr als je notwendig, den Franzosen das Wort zu geben und die Nationalversammlung aufzulösen", erklärte FN-Chefin Marine Le Pen. Ihre anti-europäische und ausländerfeindliche Partei war bei der Europawahl im Mai stärkste Kraft geworden. Die blonde Parteivorsitzende könnte laut einer Ende Juli veröffentlichten Umfrage sogar die erste Runde der Präsidentenwahl 2017 gewinnen. Hollande käme dabei nur auf magere 17 Prozent.

Der Präsident ist ohnehin so unpopulär wie keiner seiner Vorgänger. Sein lange verfolgter Zickzackkurs ermüdet die Franzosen ebenso wie seine ungehaltenen Versprechen. Die Arbeitslosigkeit steigt jeden Monat weiter, obwohl der Sozialist den Trend schon zur Jahreswende umkehren wollte. Auch deshalb ist die Regierungsumbildung wohl Hollandes letzte Chance.

(RP)
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