Fortuna muss weiter zittern

Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes entscheidet erst am Montag über Berlins Protest gegen das Relegationsspiel zur Bundesliga. Das Gericht vertagte den Urteilsspruch gestern nach sechs Stunden.

Frankfurt/Düsseldorf Fortuna Düsseldorf kann sich immer noch nicht sicher sein, in der kommenden Saison nach 15 Jahren Unterbrechung wieder in der Fußball-Bundesliga antreten zu können. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verhandelte gestern einen Einspruch von Hertha BSC Berlin gegen die Wertung des zweiten Relegationsspiels am vergangenen Dienstag (2:2). Nach mehr als sechs Stunden Dauer vertagte das Gericht die Entscheidung auf Montag, 15 Uhr.

Anton Nachreiner, Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, forderte in seinem Plädoyer, Herthas Antrag zurückzuweisen, weil die Partie ordnungsgemäß zu Ende geführt worden sei. Fortunas Mannschaft verfolgte das Geschehen aus der Ferne. Sie traf sich im Teamquartier an der Esprit-Arena.

Auch die Entscheidung des Sportgerichts übermorgen ist allerdings noch keine endgültige. Es ist zu erwarten, dass die unterlegene Partei die nächste Instanz anruft. Das Verfahren würde vor das DFB-Bundesgericht unter dem Vorsitz von Goetz Eilers gehen. Die Vereine haben Interesse daran, schnell zu einem Ergebnis zu kommen: Die meisten Profis haben ihren Urlaub geplant. Eine Sitzung werde deshalb schon für die kommende Woche terminiert, heißt es beim DFB.

Schiedsrichter Wolfgang Stark hatte die Partie am Dienstag in der Esprit-Arena für 21 Minuten unterbrochen, als in der Nachspielzeit Tausende von Düsseldorfer Fans auf den Rasen gestürmt waren. Zuvor hatten Hertha-Anhänger mehrmals bengalische Feuer in ihrem Block gezündet und aufs Spielfeld geworfen. Hätten die Berliner nach der 1:2-Niederlage im Heimspiel in der zweiten Begegnung einen Treffer mehr erzielt, wären sie nicht abgestiegen.

Das DFB-Sportgericht wollte in seiner Sitzung gestern nur darüber entscheiden, wie das Skandalspiel von Düsseldorf gewertet wird. Dies betonte der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz zu Beginn der Verhandlung in der Verbandszentrale im Frankfurter Süden. "Heute geht es allein um die Spielwertung. Es geht nicht um die Strafverfahren gegen Düsseldorf und Hertha und gegen einzelne Spieler", sagte Lorenz.

Auch diese Verfahren würden voraussichtlich nächste Woche stattfinden. Den Vereinen drohen Geldstrafen. In der Diskussion stehen auch Punktabzüge und sogenannte Geisterspiele ohne Zuschauer. Der DFB ermittelt zudem gegen die Berliner Profis Levan Kobiashvili, Christian Lell, Thomas Kraft und Andre Mijatovic und gegen den Düsseldorfer Andreas Lambertz, der auf dem Platz eine brennende Fackel in die Hand genommen hatte.

Schiedsrichter Stark wurde nach eigenen Angaben von Berliner Spielern massiv angegriffen. Er habe dabei einen Bluterguss am Hinterkopf erlitten, sagte der Referee aus Ergolding. Stark, der als Hauptzeuge geladen war, sprach von einer "Hetzjagd". Vier bis fünf Berliner Profis hätten versucht, nach dem Schlusspfiff die Schiedsrichter-Kabine zu stürmen. "Der Spieler Kobiashvili hat mit ausgestrecktem Arm, mit der Faust in meine Richtung geschlagen. Ich duckte mich kurz ab und wurde am Hinterkopf getroffen", sagte der Unparteiische. Stark betonte, dass er die Partie nach der Unterbrechung aus freien Stücken wieder angepfiffen habe. Die Polizei habe keinen Druck auf ihn ausgeübt.

Die angehörten Berliner Profis betonten indes, dass sie Furcht gehabt hätten, als immer mehr Fortuna-Fans Richtung Platz drängten. "Speziell unsere Südamerikaner Raffael und Ronny hatten Tränen in den Augen. Es war die Angst vieler, was mit den Kindern auf der Tribüne passiert", sagte Torhüter Thomas Kraft.

Fortunas Finanzvorstand Paul Jäger vertrat den Klub in Frankfurt am Main. "Ich kann für meinen Verein ausschließen, dass wir in ähnlicher Situation wie Hertha einen Einspruch durchziehen würden. Ich würde mich für das, was hinterher mit Schiedsrichter Stark passiert ist, schämen und mich entschuldigen", sagte Jäger.

In seinem Schlussplädoyer erwähnte Herthas Anwalt Christoph Schickhardt den Vorfall, als ein Düsseldorfer den Elfmeterpunkt im Berliner Strafraum ausgrub. "Die Durchführungsbestimmungen und das Regelwerk waren Makulatur", sagte der Jurist aus dem schwäbischen Ludwigsburg, "aus unserer Sicht herrschte an diesem schrecklichen Abend Anarchie."

(RP)
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