Keine Infektionsgefahr für den Menschen Fleisch kranker Tiere "theoretisch essbar"

Wusterhausen (dpa). Weil Behörden die weitere Verbreitung der Maul- und Klauenseuche (MKS) um jeden Preis verhindern wollen, gehen in Großbritannien tausende Kadaver in Flammen auf. Für den Menschen birgt das Virus indes keine Gefahr: "Theoretisch kann man selbst das infizierte Fleisch essen", sagte Matthias Kramer von der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere am Dienstag in einem dpa-Gespräch. "Das Risiko, sich zu infizieren, ist zu vernachlässigen."

Wenn das Fleisch zwei bis drei Tage abhänge, säuere es sich so weit an, dass das Virus von selbst zu Grunde gehe. Das Gesetz schreibe trotzdem vor, alle mit MKS infizierten Tiere zu keulen, ergänzte der stellvertretende Leiter des Instituts für Epidemiologie in Wusterhausen (Brandenburg).

Das Virus töte etwa drei bis vier Prozent der mit ihm infizierten erwachsenen Tiere. Diese Zahl reiche bereits, um die Rentabilität eines Betriebes zu gefährden. Selbst wenn der überlebende Rest einer Herde gegen einen Stamm des Erregers immun sei, könne ein anderer der bekannten rund 60 Subtypen der MKS wieder zum Ausbruch der höchst ansteckenden Seuche führen. Daher würden auch die übrigen 96 bis 97 Prozent sicherheitshalber gekeult. Noch um das Jahr 1800 herum hätten Bauern ihre Herde sogar absichtlich mit dem Speichel kranker Tiere infiziert, um den Überlebenden zur Immunität zu verhelfen, berichtete der Experte.

"Bei Jungtieren bis zu einem Alter von einem halben Jahr liegt die Sterblichkeitsrate mitunter bei 100 Prozent", sagte Kramer. Ursache sind Veränderungen des Herzmuskels. Beim Anblick des dann gefleckten Organs sprechen Veterinäre vom "Tiger-Herz". "Es hilft alles nichts, in den betroffenen Regionen geht nichts mehr", erklärt der Tiermediziner. Anderenfalls bestehe die Gefahr einer "nie endenden Infektionsgeschichte". Und selbst wenn es keine wirklichen gesundheitliche Gefahr darstelle hätten die Fleisch- und Milchindustrie ein "enormes Imageproblem", wenn sie ihre Produkte mit dem Hinweis "aus einem MKS-Bestand" an den Mann bringen wollten.

Zudem habe es die Staaten der EU viel Mühe und hunderte Millionen Mark gekostet, den Status "MKS-frei" zu bekommen. Zurzeit tragen alle EU-Länder außer Großbritannien dieses Prädikat, auch Griechenland, in dem die Seuche im vergangenen Jahr um sich gegriffen hatte. Eine Impfung gegen die rund 60 verschiedenen Varianten des Erregers ist nach Angeben der Tierforscher nicht möglich. Seit die EU die Immunisierung daher 1991 eingestellt hat, seien allein bis 1998 etwa 800 Millionen Euro eingespart worden.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort