Ferguson Ferguson trauert um erschossenen schwarzen Teenager

Ferguson · Barack Obama schickt eine Delegation zur Trauerfeier von Michael Brown. Die Familie des 18-Jährigen wünscht sich einen Tag des Friedens.

"Warum", fragt Jay Mitchell, "soll ich mein Haar nicht in Form von Rasta-Locken tragen?" Gleich beginnt die Trauerfeier für Michael Brown. Um drei Häuserblöcke zieht sich die Schlange der Wartenden an der Friendly Temple Missionary Baptist Church, einer Megakirche mit 2500 Sitzen, schmuckloser Backsteinfassade und großen, modernen Fenstern. Der 18-jährige Michael Brown ist von einem Polizisten in Ferguson getötet worden. Mitchell, ein junger Geistlicher, hofft, dass der Trauertag eine Wegscheide markiert, weg von den Krawallnächten im brennenden Ferguson hin zur Besinnung und zum Dialog.

Dann aber redet er über seine Rasta-Locken, die ihm weit auf die Schultern fallen, die er zusammengebunden hat zu einem Pferdeschwanz. Und über die Polizisten redet er, über Beamte, die ihn wegen Frisur und Hautfarbe reflexartig in eine Schublade stecken - in die des Verdächtigen. "Es kann ja nicht sein, dass ich mir die Haare abschneiden lassen muss, damit man mich in Frieden lässt", sagt Mitchell.

Der Gottesdienst zum Gedenken an Michael Brown ist überladen mit Symbolik. Manche Kommentatoren sprechen von einem Signal der Versöhnung. Andere halten das für reines Wunschdenken: Sollte Darren Wilson, der Polizist, der sechsmal auf Brown feuerte, nicht vor einen Richter gestellt oder aber vor Gericht freigesprochen werden, orakeln sie, explodiert der Kessel Ferguson noch heftiger als beim ersten Mal.

Robert McCulloch, der zuständige Staatsanwalt, der den Fall gerade in allen Details einer Grand Jury vorträgt, stammt aus einer Polizistenfamilie. Der Vater, der Bruder, ein Onkel: allesamt Ordnungshüter. Allein deshalb halten ihn schwarze Kongressabgeordnete für befangen und verlangen, ihn zu ersetzen. Michael Brown senior bittet hingegen einfach um einen Tag der Besinnung. "Alles, was ich heute will, ist Frieden, während mein Sohn zur Ruhe gebettet wird."

US-Präsident Barack Obama hat drei Regierungsmitglieder nach Ferguson geschickt, deren Namen den meisten Amerikanern nichts sagen. Vorneweg Broderick Johnson, ein Kabinettssekretär, der "My Brother's Keeper" leitet, eine Initiative, die sich für die Interessen junger Leute aus ethnischen Minderheiten einsetzt.

Das protokollarische Understatement des Weißen Hauses - es ist sicher nicht das, was Paul Sterling erwartet hatte. Ein afroamerikanischer Pfarrer, angereist aus dem kalifornischen Riverside, ein Hüne mit der Physis eines Schwergewichtsboxers. So enttäuscht er sein mag, seinen Präsidenten nimmt er in Schutz. Obama nehme sich zurück, weil er ein Präsident mit dunkler Hautfarbe sei, weil ihm das weiße Amerika nicht nachsagen soll, er stelle sich instinktiv auf die Seite der Schwarzen. "Jemand mit meiner Hautfarbe kann diese Vorsicht sehr gut verstehen", sagt Sterling.

(RP)
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