Milliardenüberschüsse bei den Krankenkassen FDP will Praxisgebühr abschaffen
Berlin Die FDP-Führung erwägt angesichts der Milliardenüberschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung offenbar eine Abschaffung der Praxisgebühr. In der Sitzung des Präsidiums am vergangenen Montag hätten sich FDP-Chef Philipp Rösler und Generalsekretär Patrick Döring offen für den Vorschlag gezeigt, erfuhr unsere Zeitung aus Teilnehmerkreisen. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) habe auf die ablehnende Haltung der Union verwiesen, das Ansinnen aber nicht grundsätzlich verworfen. Die Fachpolitiker der Bundestagsfraktion wollen das Thema angesichts der aktuellen Überschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorantreiben. "Wir schlagen vor, dass man diese Gelegenheit nutzt, um die Praxisgebühr abzuschaffen oder zumindest auszusetzen", sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Heinz Lanfermann unserer Zeitung. Derzeit verfügen die Krankenkassen über eine Reserve von rund 20 Milliarden Euro. Rund drei Milliarden Euro sind gesetzlich als Rücklage vorgeschrieben. Die FDP-Spitze sollte dies beim nächsten Koalitionsausschuss mit der Union beraten, forderte Lanfermann.
"Die Praxisgebühr ist bürokratisch, und sie hat keine Lenkungswirkung. Deshalb sollten wir eine Abschaffung prüfen", ergänzte der FDP-Abgeordnete Jens Ackermann. Der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) hält die Abgabe ebenfalls für überflüssig.
Seit 2004 zahlt ein Erwachsener beim ersten Arztbesuch im Quartal zehn Euro. Den Kassen bringt sie jährlich 2,1 Milliarden Euro ein. Die angestrebte Lenkungswirkung ist nach Meinung von einigen Experten kaum eingetreten. Die Deutschen sind weiterhin europaweit Spitzenreiter bei Arztbesuchen. Jeder Bürger geht im Schnitt 18-mal im Jahr zum Doktor.
Union und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Reform der Praxisgebühr verständigt. Die Union lehnt indes eine ersatzlose Streichung ab. "Einfach abschaffen ist zu wenig. Wer dies fordert, muss sagen, wie er die Steuerungswirkung auf anderem Wege erreichen will", sagte der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn.