Berlin FDP: Rösler trickst Brüderle aus

Berlin · Die Liberalen gehen mit dem Spitzenduo Philipp Rösler und Rainer Brüderle in die Bundestagswahl. Zuvor hatte Brüderle den FDP-Vorsitz abgelehnt. Rot-Grün gewinnt Niedersachsen dank 300 Stimmen.

FDP-Chef Philipp Rösler und Fraktionschef Rainer Brüderle gehen als Doppelspitze in die Bundestagswahl. Der 39-jährige Rösler soll Parteichef bleiben, der 67-jährige Brüderle als Spitzenmann im Wahlkampf agieren. Das beschloss der FDP-Vorstand gestern einstimmig auf Vorschlag von Rösler.

Vorangegangen war ein mehrstündiger Machtkampf zwischen Rösler und Brüderle. Nach dem überraschend guten Ergebnis der FDP in Niedersachsen (9,9 Prozent) hatte Rösler am Sonntagabend Brüderle in einem Vieraugengespräch die Spitzenkandidatur angetragen. Brüderle soll Interesse signalisiert, aber nicht endgültig zugesagt haben. In der Präsidiumssitzung gestern Morgen überraschte Rösler dann mit dem Angebot, Brüderle auch den Parteivorsitz zu überlassen und "zur Seite zu treten", wenn Brüderle dies wolle. Der Chef der Bundestagsfraktion reagierte Teilnehmern zufolge irritiert und betonte, dass dies nicht abgesprochen sei. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Entwicklungsminister Dirk Niebel ermunterten Brüderle in der Sitzung, beide Ämter zu übernehmen. Doch der Fraktionsvorsitzende blieb bei seiner Ablehnung. Die Sitzung musste unterbrochen werden, ein weiteres Vieraugengespräch zwischen Rösler und Brüderle brachte schließlich die Einigung.

Der als Parteichef angeschlagene Rösler erzwang so eine Festlegung seines ärgsten Widersachers. "Brüderle kann künftig nicht mehr gegen Rösler stänkern", kommentierte ein Präsidiumsmitglied. Vor der Sitzung hatte Brüderle versucht, NRW-FDP-Chef Christian Lindner telefonisch zu einer Kandidatur als Parteichef zu überreden, was der mit Verweis auf seine Aufgabe in NRW ablehnte.

Im Wahlkampf soll es nun eine Arbeitsteilung geben. "Brüderle und ich sind unterschiedlich. Wir ergänzen uns", sagte FDP-Chef Rösler. Brüderle werde "Kopf und Gesicht" der Partei sein. Der FDP-Fraktionschef betonte vor der Presse erneut: "Es war nicht meine Absicht, Parteivorsitzender zu werden." In der Politik gelte wie im Fußball: "Der Kapitän hat die Binde. Und der Kapitän ist der Parteivorsitzende. Der Spitzenmann soll vorne die Tore schießen. Das bin ich", so Brüderle. Die Personalien sollen auf dem vorgezogenen Bundesparteitag, vermutlich am 10. März, beschlossen werden.

Unterdessen wurde bekannt, das Rot-Grün seinen Sieg nur 334 Stimmen in der Stadt Hildesheim zu verdanken hat. Die fehlten der CDU zum Gewinn eines Direktmandats, das wiederum Schwarz-Gelb zu einer Stimme Mehrheit im Landtag verholfen hätte. Der niedersächsische SPD-Spitzenmann Stephan Weil strebt eine Koalition mit den Grünen an. CDU-Chefin Angela Merkel kündigte derweil eine schärfere Profilierung gegen den liberalen Koalitionspartner an. Zugleich erklärte sie, dem abgewählten Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) gehöre die Zukunft.

Leitartikel Seite A 2

Politik Seiten A 2 bis A 5

(brö)
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