Corona-Pandemie FDP-Chef Lindner warnt vor schärferem Lockdown

Düsseldorf · Der FDP-Vorsitzende sieht eine große Corona-Müdigkeit der Bevölkerung. Auf der Landeswahlversammlung in Dortmund fordert er intelligentere Maßnahmen, um die Corona-Pandemie zu bekämpfen.

 FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner (Archivfoto).

FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner (Archivfoto).

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner hat das Corona-Management der Bundesregierung heftig attackiert. „Nicht der Sozialismus ist die größte Gefahr für Freiheit und Fortschritt, sondern der Bürokratismus“, sagte Lindner auf der Landeswahlversammlung der FDP in Dortmund. „Die bürokratische Selbstfesselung des Landes, weshalb so gut wie gar nichts mehr geht“, müsse überwunden werden: „Es war eine deutsche Lebenslüge zu glauben, wir würden in einem gut geordneten Gemeinwesen leben.“ Lindner kandidierte in Dortmund zum dritten Mal als Spitzenkandidat der nordrhein-westfälischen FDP für die Bundestagswahl im September und wurde am Sonntag mit 96,9 Prozent der Delegierten-Stimmen gewählt.

Die Landes-FDP hatte trotz steigender Infektionszahlen 400 Parteimitglieder zu ihrer Wahlversammlung in die Dortmunder Westfalenhallen geladen. Insgesamt werden etwa 50 Kandidaten für die Bundestagswahl nominiert. 2017 konnten 20 Abgeordnete aus NRW in den Bundestag einziehen.

Jeder FDP-Delegierte, der in Präsenz an der Veranstaltung teilnehmen wollte, musste sich vor Beginn einem Selbst-Test und einer Körpertemperaturmessung unterziehen, Maske tragen und Abstandsregeln einhalten. „Wir reklamieren damit nicht Privilegien, sondern geben ein Beispiel“, trat Lindner Kritik an der Präsenzveranstaltung entgegen. Die FDP zeige damit, dass mit intelligenter Logistik gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben für alle wieder möglich sei.

Vor der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am Montag betonte Lindner, über ein Jahr nach Beginn der Pandemie müssten nicht nur die Coronarisiken gesehen werden, sondern viel stärker die sonstigen Risiken abgewogen werden, etwa gesellschaftliche, wirtschaftliche, soziale und psychische. Lindner sprach sich gegen weitere Corona-Einschränkungen aus: „Ich warne vor einem pauschalen fortgesetzten Lockdown, wir brauchen intelligente Maßnahmen.“ Dazu zählten eine Teststrategie und digitale Kontaktnachverfolgungen. Auch müsse Handel, Gastronomie und Kulturschaffenden mit guten Hygienekonzepten die Möglichkeit zu Öffnungen gegeben werden. Sehr schnell müssten jetzt Haus-, Fach- und Betriebsärzte sowie Apotheken beim Impfen einbezogen werden. Das Tempo müsse sich deutlich erhöhen.

Lindner forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Bund-Länder-Runde diese Woche zu einer Regierungserklärung auf. „Das ist zwingend erforderlich.“ Die Staatspraxis, die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde den Bürgern in Talkshows zu vermitteln, sei der Bedeutung des Parlaments nicht angemessen.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September sagte Lindner, es wundere ihn, wie enthusiastisch SPD und Grüne sich über eine möglich Ampel-Koalition äußerten: „Das grüne Wahlprogramm ist in Wahrheit tiefrot.“ Es spreche in Wahrheit für eine Grün-Rot-Rote Koalition. Dafür aber stehe die FDP nicht zur Verfügung. Für den Klimaschutz müsse es marktwirtschaftliche Lösungen geben.

Mehr Nähe zu SPD und Grünen ließ Lindner in der Bildungspolitik durchscheinen: Eine der größten gesellschaftspolitischen Herausforderungen sei es, dafür zu sorgen, dass sich in Deutschland jedes Talent unabhängig von seiner sozialen Herkunft entfalten könne.

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