Interview Wolfgang Kubicki "FDP darf sich nie wieder kleinmachen"

Der designierte FDP-Vize geht mit der Rösler-Brüderle-Partei hart ins Gericht: "Großmäulig" und "jämmerlich" sei sie gewesen.

War das Bundestagswahlergebnis für die FDP einfach, niedrig und gerecht?

Kubicki Es war nicht gerecht, es war niedrig, und einfach zu verarbeiten ist es schon gar nicht. Es ist niederschmetternd, bei 93 Abgeordneten und fünf Ministern von 15 auf unter fünf Prozent zu kommen.

Wie steht es um Ihre eigene Analyse, die Marke FDP sei in "Generalverschiss" geraten?

Kubicki Das war vor zwei, drei Jahren auch so. Wenn wir bei allen Wahlen unter fünf Prozent landen, dann muss das am Bild der FDP insgesamt liegen. Dieses großmäulige Auftreten, die nicht gehaltenen Versprechen und zum Schluss das jämmerliche Bild, mit mangelnder Souveränität in den Wahlkampf zu gehen, das hat die FDP vielen Menschen verleidet, und das Ergebnis haben wir dann am Wahltag bekommen.

Hätten Sie die Chance, 2009 neu anzufangen, was würden Sie anders machen?

Kubicki Wir würden unser Verhältnis zur Union anders gestalten und uns nicht mehr auf Prüfaufträge verlassen, durch die unsere Vorhaben auf die lange Bank geschoben werden. Wir würden ganz konkret festlegen, wie zum Beispiel die Steuerreform zu welchen Stichtagen in welchen Schritten umgesetzt wird. Wir waren einfach zu zurückhaltend und haben uns von der Union viel zu viel gefallen lassen. Das hat sich gerächt.

Warum hat es für die FDP in Kiel und in Düsseldorf geklappt, im Bund dagegen nicht?

Kubicki In Schleswig-Holstein hat die CDU aus der Regierung heraus Wahlkampf gegen uns gemacht. Das haben wir aufgegriffen. In NRW hat die CDU eigentlich gar keinen Wahlkampf gemacht. Die Personen Lindner und Kubicki sind schlicht und einfach souveräner aufgetreten, als das die Menschen von unserer Führung in Berlin wahrgenommen haben.

Können Sie sich erklären, warum der historische Rauswurf der FDP aus dem Bundestag mit so viel Häme begleitet wurde?

Kubicki Für Spott hat sich die FDP ja geradezu angeboten, nicht nur bei Satire-Sendungen. Wer martialisch zu liefern verspricht und dann nichts bringt, der lädt zur Häme doch geradezu ein. Zum Schluss hatten wir nur noch eine mitleidheischende Wahlkampfführung. Da konnte das Echo nur entsprechend sein.

Macht ein neuer Vorsitzender Christian Lindner schon einen neuen Sommer?

Kubicki Kein Einzelner macht das. Christian Lindner hat aber eine völlig andere Art der Kommunikation, und er wird die FDP ja nicht alleine führen. Die Partei bekommt auch durch eine Reihe kompetenter Frauen ein neues Gesicht und ein anderes Auftreten. Wir haben doch ein gutes Grundsatzprogramm, das müssen wir den Menschen nur anders nahebringen als in den vergangenen vier Jahren.

Muss die FDP zur Europawahl nächsten Mai wieder da sein, oder haben Sie Zeit bis 2017?

Kubicki Wir haben keine Zeit bis 2017. Nächstes Jahr sind elf Kommunal-, drei Landtags- und die Europawahlen. Jede Wahl ist jetzt eine Nagelprobe für die FDP. Nun gilt: Jeder ist für seine Region selbst verantwortlich, auf "die in Berlin" kann man nicht mehr zeigen, denn die gibt es nicht mehr. Wir müssen möglichst jede Wahl gewinnen, damit nicht der Eindruck entsteht, die FDP habe keine Zukunft.

Was ist Ihre persönliche Mission dabei?

Kubicki Ich bin jetzt 61 Jahre alt, davon 43 Jahre Mitglied der FDP und damit lange genug dabei, um zu wissen, wie sich Wahlen auch wieder gewinnen lassen. Ich will möglichst viele Menschen für den Liberalismus begeistern. Dafür werde ich in den nächsten Jahren meine ganze Kraft einbringen. Die FDP hat in Schleswig-Holstein gezeigt, wie man sich zurückkämpft: Wir dürfen uns nie wieder kleinmachen. Die FDP muss zu ihren Ideen stehen. Damit können wir zwar nicht alle überzeugen, aber wenn wir diejenigen, die so denken wie wir, an uns binden, dann reicht das allemal aus, um ein zweistelliges Ergebnis erzielen zu können.

GREGOR MAYNTZ FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(may-)
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