Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf So reagieren Wirtschaft und Länder auf das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Berlin · Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll bessere Bedingungen für ausländische Fachkräfte schaffen und Deutschland damit zu einem attraktiveren Standort machen. Doch nicht alle Länder sind von dem Gesetzentwurf überzeugt.
Die Bundesregierung will qualifizierten Arbeitskräften den Weg nach Deutschland erleichtern. Dafür hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch in Berlin vorgestellt haben. Ihre Pläne stoßen jedoch nicht nur auf Zustimmung. Während der Entwurf in einigen Bundesländern kritisiert wird, äußert die Wirtschaft sogar Bedenken.
Der bayerischen Arbeitsministerin Ulrike Scharf gehen die Pläne nicht weit genug: „Der Fachkräftemangel ist eine ernstzunehmende Wachstumsbremse für unsere Wirtschaft. Wir brauchen eine Balance zwischen der Einwanderung von Fachkräften und der dualen Ausbildung. Das berücksichtigt das neue Gesetz nicht. Das neue Gesetz ist auch viel zu bürokratisch: Auf die Länder kommen deutliche Mehrbelastungen zu und unsere Unternehmen werden unnötig mit Zusatzaufgaben überzogen.“ Es gebe auch keine Antwort darauf, wie die viel zu lange dauernden Visaverfahren beschleunigt werden können.
Auch der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat mehr Flexibilität und Tempo in den Anerkennungsverfahren gefordert: „Dass ein Anerkennungsverfahren, wenn ein Arbeitgeber gefunden ist, auch erst nach der Einreise nach Deutschland erfolgen und der Arbeitgeber ihn nebenher schon beschäftigen kann, scheint mir eine gute Sache. Aber natürlich bringen die besten Gesetze nichts, wenn es nachher an der praktischen Umsetzung scheitert.“ Deshalb müsse darauf geachtet werden, dass die Infrastruktur auch entsprechend gut aufgestellt ist. Es bedarf Laumann zufolge unter anderem schneller Botschaftstermine und Visaverfahren sowie zügiger Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. „Klar ist aber auch: Ohne eine gelebte Willkommenskultur sind wir kein attraktiver Standort. Hierfür müssen wir alle zusammenarbeiten Politik, Verwaltung, Wirtschaft aber auch die Zivilgesellschaft“, betonte er.
„Ein zu starrer Blick auf das ursprüngliche Zuwanderungsmotiv wird uns bei der Fachkräftegewinnung nicht weiterbringen. Als Gesellschaft müssen wir auf Offenheit anstatt auf Abgrenzung setzen. Und wir müssen bei der Anerkennung ausländischer Berufe besser werden“, sagte auch Heike Werner (Linke), Arbeitsministerin in Thüringen. Dort sei der Fachkräftemangel inzwischen zur Realität geworden. Deshalb befürwortet sie die Pläne der Regierung: „Es ist gut, dass Bundesarbeitsminister Heil auf einen Gleichklang aus Stärkung der inländischen Potenziale und Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland setzt. Das ist grundsätzlich der richtige Weg.“
Darüber hinaus seien aber drei Dinge entscheidend: Gute Arbeitsbedingungen, ein „Spurwechsel“ – wie sie sagt – für hier lebende Migranten und eine echte Willkommenskultur. Unternehmen, die Arbeitskräfte gewinnen wollen, sollten Tarifbindung im Angebot haben. Auch die Vier-Tage-Woche müsse mittel- und langfristig stärker in den Blick genommen werden.
Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), hat den Entwurf für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz grundsätzlich begrüßt, aber vor neuen bürokratischen Hürden für Fachkräfte aus dem Ausland gewarnt. „Die aktuellen Vorschläge zur Reform gehen in der Intention in die richtige Richtung“, sagte Adrian unserer Redaktion. „Zum Beispiel mit Erleichterungen für eine Zuwanderung ohne formal anerkannte Berufsqualifikation oder mit der Möglichkeit, ein Anerkennungsverfahren erst in Deutschland anzustoßen“, sagte er. „Die konkrete Ausgestaltung der Regelungen vergrößert allerdings leider an etlichen Stellen die ohnehin schon hohe Komplexität des Aufenthaltsrechts“, warnte der DIHK-Präsident.
„Es droht zudem an manchen Stellen neue Bürokratie und bei einem Teil der Neuregelungen werden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen benachteiligt. Wir brauchen aber für Betriebe, Fachkräfte und Verwaltung gleichermaßen einfache, verständliche und transparente Regeln“, sagte Adrian. „Fachkräfteengpässe sind für die Unternehmen seit Jahren ein Top-Geschäftsrisiko. Fast zwei Millionen Stellen können die Betriebe derzeit nicht besetzen. Fast 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung gehen uns dadurch verloren“, sagte Adrian.