Funke: Das ganze Konzept ist unrealistisch Ex-Agrarminister kanzelt Künast ab

Varel (rpo). Der Ex-Agrarnminister Karl-Heinz Funke (SPD) hat ein Jahr nach seinem Rücktritt harsche Kritik an seiner Amtsnachfolgerin Renate Künast (Grüne) geäußert. Es würden unberechtigte Ängste beim Verbraucher geschürt und die Landwirtschaft unnötig belastet.

"Man könnte die Agrarwende getrost abhaken, wenn damit nicht zusätzliche teure Auflagen für die Landwirtschaft verbunden wären". Ex-Agrarminister Karl-Heinz Funke (SPD) lässt ein Jahr nach seinem Rücktritt kein gutes Haar an der Politik von Nachfolgerin Renate Künast (Grüne). Deren "ganzes Konzept ist unrealistisch. Es werden unberechtigter Weise Ängste bei Verbrauchern geschürt. Die deutsche Landwirtschaft verliert an Wertschöpfung und Arbeitsplätzen", bilanziert Funke aus der Tiefe eines Altdeutsch- Eiche-Sessels im Wohnzimmer seines Bauernhauses in Varel.

"Und was erfolgreich umgesetzt wurde, wie das Verbot der Tiermehl- Verfütterung und die Herausnahme von Risikomaterial aus Schlachtrindern, das haben Funke und Andrea Fischer eingeleitet", lobt der Ex-Minister die ehemalige Kabinetts-Kollegin von den Grünen gleich mit. Auch die damalige Gesundheitsministerin Fischer wurde wegen ihres Managements während der BSE-Krise und der Maul- und Klauenseuche heftig kritisiert und verlor zur Jahreswende 2000/2001 ihr Amt.

"Vieles kann ich auch nur noch ironisch kommentieren", sagt Funke der dpa. Er halte es für einen Irrglauben, dass die Verbraucher national höhere Standards in der Tierhaltung auf Dauer mit höheren Preisen honorierten. "Das widerspricht allen Erfahrungen." Die Familien-Budgets für Lebensmittel stünden in scharfer Konkurrenz zu Ausgaben für andere Bedürfnisse wie Urlaub, Energie und Auto. Eine Verschiebung zu Gunsten der Ernährung sei da nicht zu erwarten.

Vorteile von der "Agrarwende" hätten derzeit nur Händler, die die Öko-Signale aus der Politik zum Draufsatteln bei den Preisen nutzten. Damit heize die gegenwärtige Argar- und Verbraucherschutzpolitik lediglich die Inflation an, glaubt der gelernte Agrar-Ökonom. Auch das Ergebnis des jüngsten "nationalen Alleingangs" von Künast zur Käfighaltung für Hennen sei katastrophal. Deutsche Eierproduzenten wanderten etwa nach Polen ab. "Dort kommen dann die verrosteten Käfige aus alten LPG-Ställen der DDR wieder zu Ehren."

Wer in diesem Zusammenhang auf Kennzeichnungspflichten für Eier verweise, führe die Verbraucher in die Irre. "Denn um die paar Frühstückseier geht es ja nicht. Mehr als die Hälfte aller Eier landet ja in Lebensmitteln wie Kuchen, Nudeln und Majonäse". Die würden stets dort eingekauft, wo sie billig sind. "Im Ergebnis tun wir also nichts für den Tierschutz - aber die Arbeitsplätze gehen weg", schimpft Funke.

Funke redet über sein Leib- und Magenthema nicht nur in Fachzirkeln. Erst am vergangenen Wochenende habe er mit einer Büttenrede eine Karnevals-Gesellschaft im Landkreis Vechta, dem deutschen Zentrum der Geflügel- und Schweineproduktion, "zum Wiehern" gebracht, sagt der Ex-Minister. Ehrengardist der "Roten Funken" in Köln ist der "rote Funke" bereits. Das nächste "narrensichere" Lob wartet auf ihn Anfang Februar in Lindern im Kreis Cloppenburg. Dort will ihn der Musik- und Karnevalsverein mit dem Orden "Deichgraf vom Raddetal" auszeichnen. "Ob des unermüdlichen Einsatzes für die bäuerliche Landwirtschaft in der Amtszeit und in der Nachamtszeit", heißt es zur Begründung.

(RPO Archiv)
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