Brüssel Europawahl: Schulz unter Druck

Brüssel · Kritiker werfen dem EU-Parlamentspräsidenten vor, sein Amt zu missbrauchen.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat nicht viel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam. Doch beide teilen eine Qualität: Sie können Probleme aussitzen. Seit Wochen kritisieren die politischen Gegner im Europawahlkampf, dass Schulz die Ressourcen des Parlaments-Apparates für seinen Wahlkampf einspanne. Der 58 Jahre alte Rheinländer ist Spitzenkandidat der europäischen Sozialisten - und will neuer Kommissionspräsident werden.

In der letzten Sitzung vor der Wahl ließen die Abgeordneten in Straßburg ihrem Ärger freien Lauf. Sie billigten den Bericht zur Entlastung des Parlamentshaushaltes nur mit einer Zusatzklausel. Darin verlangen sie detaillierte Auskunft darüber, "wie die Amtsführung des Präsidenten als parteipolitisch neutraler Figur von der Vorbereitung seiner sozialdemokratischen Spitzenkandidatur für die Europawahlen getrennt wurde". Eine deutliche Mehrheit von 365 Abgeordneten schloss sich der Ansicht an, "dass bei zahlreichen Aktivitäten beide Rollen vermischt wurden".

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Herbert Reul, spricht von "Selbstbedienungsmentalität", weil Schulz Mitarbeitern aus seinem Kabinett zu Spitzenposten in der Parlaments-Verwaltung verhalf. Das Problem: die Konferenz der Präsidenten mit allen Fraktionen segnete dies ab. Schulz weist die Vorwürfe deshalb zurück: "Meine Amtsführung ist strikt und klar nachvollziehbar getrennt von meinen anderen Aktivitäten", schrieb er in einem Brief an die Haushaltskontrolleure.

Schulz soll am 27. Mai der Runde der Fraktionschefs des alten EU-Parlaments vorstehen. In seiner bisherigen Rolle als Parlamentspräsident dürfte er über die mögliche eigene berufliche Zukunft diskutieren. Reul findet das "unvorstellbar". Doch vermutlich wird Schulz auch dieses Problem geduldig aussitzen.

(RP)
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