Europas neue Leitkultur

Stelle man sich für einen Moment vor, was die griechische Entwicklung übertragen auf Deutschland bedeuten würde: Beamte gekündigt, Renten drastisch gekürzt, Subventionen im Land der Pendlerpauschale gestrichen – auch bei uns würde demonstriert, vielleicht randaliert. Auf jeden Fall würde auch die hiesige Politik kopflos agieren. Insofern sollten wir Deutsche uns in der Staatsschuldenkrise vor Hochmut hüten. Griechen raus aus der Eurozone und alle Probleme wären gelöst?

Natürlich nicht. Gleichwohl braucht Kerneuropa, also die Eurozone, neben allen Sofortmaßnahmen, die in Cannes diskutiert wurden, vor allem einen Mentalitätswechsel. Die gemeinsame Währung ist mit einer südländischen Unernsthaftigkeit eingeführt und verwaltet worden, die es zu überwinden gilt. Der Geist des Was-nicht-auffällt-ist-auch-erlaubt, den wir in unglaublichen Anekdoten aus der griechischen Schattenwirtschaft bestaunen, war zu lange die wahre europäische Leitkultur. Ihren jüngsten Ausdruck fand sie in der Umwandlung der Europäischen Zentralbank in einen Geldautomaten ohne Limit. Papandreou-Bezwingerin Angela "Merkules" macht endlich Anstalten, das zu ändern. Tröstlich, dass sie vorläufig das einst so südländische Frankreich an ihrer Seite hat. Nun bleibt noch zu hoffen, dass Italien klügere Köpfe als Berlusconi hat.

Bericht: euro-angst . . ., titelseite

(RP)
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