Berlin Europa rüstet sich für weitere Ebola-Fälle

Berlin · In der EU wächst die Sorge, dass sich das gefährliche Virus ausbreiten könnte - in London werden bereits Passagiere aus Westafrika überprüft. Deutsche Behörden halten die Lage weiter für unkritisch.

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Ebola-Virus steigt in Westafrika wieder. Seit Ausbruch der Epidemie im Dezember 2013 infizierten sich nach offiziellen Angaben 8000 Menschen; 4000 starben. Die Dunkelziffer wird allerdings bedeutend höher eingeschätzt.

Für Aufregung sorgte gestern eine Studie des Max-Planck-Instituts, wonach Frankfurt der gefährlichste Flughafen weltweit sein soll, was das Risiko einer Ansteckung betrifft. Ein Sprecher des größten deutschen Flughafens erklärte, dass es an einem derartig vernetzten internationalen Drehkreuz natürlich eine höhere Wahrscheinlichkeit gebe, mit ansteckenden Krankheiten in Kontakt zu kommen, als anderswo.

Die Gesundheitsbehörden in Deutschland sehen die Lage dennoch entspannt. Besondere Vorsichtsmaßnahmen, etwa die Kontrolle von Einreisenden aus Westafrika, wie sie in London bereits durchgeführt werden, sind in Deutschland nicht geplant. "Da stehen Aufwand und Erfolg in keinem Verhältnis", sagte ein Experte der Frankfurter Gesundheitsbehörde. Er berief sich auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsbehörde WHO. In Düsseldorf verwies ein Flughafen-Sprecher darauf, dass in der Landeshauptstadt keine Direktflüge aus den betroffenen Ländern ankämen. In Düsseldorf gebe es "keine aktuelle Gefährdungslage".

Auch Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) betonte: "Unser Gesundheitssystem ist sehr gut aufgestellt, deshalb muss sich niemand in Deutschland Sorgen machen." Er lobte die Umsichtigkeit der Bundesländer, die in Deutschland für den Infektionsschutz zuständig sind. Sie hätten bei allen bisherigen Verdachtsfällen professionell gehandelt und jede denkbare Ansteckung durch eine rechtzeitige Isolierung verhindert.

Sollte eine Maschine in Deutschland landen wollen, die einen Ebola-Verdachtsfall an Bord hat, gelten nach Auskunft des Flughafenverbands ADV klare Regeln. In diesem Fall dürfen nur die Airports Düsseldorf, Frankfurt, München und Hamburg angesteuert werden. Nur sie hätten dafür die "Kernkapazitäten". Der Ablauf wäre dann folgendermaßen: Der Pilot informiert die Flugsicherung. Die Maschine muss nach Landung auf einer Sonderposition parken. Dann geht medizinisches Personal an Bord. Der betroffene Passagier wird mit einem roten Punkt gekennzeichnet und mit einem Spezialfahrzeug in eine Isolierstation gebracht. Im Düsseldorfer Fall käme er in die Uni-Klinik. Die Passagiere, die mit dem Erkrankten Kontakt hatten, müssen eventuell in Quarantäne. Die übrigen dürfen nach Hause gehen.

Gesundheitsminister Gröhe verwies darauf, dass die Notfallpläne für den Umgang mit Erkrankten und Verdachtsfällen regelmäßig geübt würden. Zudem verfüge Deutschland über "hervorragend ausgestattete Behandlungszentren", die auf den Umgang mit hochansteckenden Krankheiten spezialisiert seien.

Die Europäische Kommission richtete gestern eine Luftbrücke in die betroffenen Staaten Sierra Leone, Liberia und Guinea ein. Für den Kampf gegen Ebola in Westafrika stellt die Bundesregierung bislang rund 32 Millionen Euro zur Verfügung. Die Bundesregierung will unter Führung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) eine Klinik in Liberia und eine Behandlungsstation in Sierra Leone aufbauen. Dazu hatten Bundeswehr und DRK Freiwillige aufgerufen, sich für den Dienst in Afrika zu melden. Nach Angaben von Rotem Kreuz und Bundeswehr reagierten insgesamt rund 6500 Menschen auf den Aufruf.

Da aber vor allem medizinisches Fachpersonal mit guten Englischkenntnissen gesucht wird, kommen längst nicht alle für den schwierigen Einsatz infrage. Von den Freiwilligen, die sich bei der Bundeswehr gemeldet hatten, sind nach Auskunft des Sanitätsführungskommandos in Koblenz nur rund 600 Personen für den Einsatz geeignet. Das DRK filterte nach Angaben einer Sprecherin 115 Freiwillige heraus, die grundsätzlich an einem Einsatz in Liberia und Sierra Leone teilnehmen könnten. Darunter befänden sich auch 43 Ärzte.

Kommende Woche will der neue Ebola-Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Botschafter Walter Lindner, zusammen mit weiteren Erkundungsteams die Bedingungen und den Bedarf vor Ort genau ermitteln. Danach müssen Deutsches Rotes Kreuz und Bundeswehr aushandeln, wer wo welche Fachkräfte stellen soll.

(RP)
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