Euro: Merkel hofft auf eigene Mehrheit

Berlin Der Bundestag stimmt heute erneut über den Euro-Rettungsschirm EFSF ab: Über einen finanztechnischen Mechanismus soll die Wirkung des Hilfsfonds auf Billionenhöhe "gehebelt" werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann zwar auf eine breite Mehrheit bauen, denn Union, FDP, SPD und Grüne einigten sich gestern unerwartet auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag. Doch die Kanzlermehrheit – also die Mehrheit der Sitze des Bundestags durch Stimmen aus der Koalition – ist ihr weniger sicher als Ende September bei der Abstimmung über die Aufstockung des Fonds.

Bei Probeabstimmungen in den Fraktionen von Union und FDP gab es gestern 16 Abweichler. Am 29. September hatten noch 15 Koalitionsabgeordnete dem erweiterten Rettungsschirm nicht zugestimmt. Sieben Unionsabgeordnete stimmten gestern mit Nein, drei enthielten sich. In der FDP lehnten vier Abgeordnete den Entschließungsantrag ab, zwei enthielten sich. Für die eigene Kanzlermehrheit sind mindestens 311 Stimmen der Koalition erforderlich.

Im abgestimmten Antrag betonen die Fraktionen, dass die "weiterhin angespannte Marktlage" es erforderlich mache, "einen möglichst effizienten Einsatz der Mittel zur Stabilisierung der Eurozone sicherzustellen". Zwei "Optimierungsmodelle" für den EFSF werden benannt: die sogenannte Fonds- und die Versicherungslösung. "Beide Modelle schließen sich nicht gegenseitig aus", heißt es in dem Entwurf. Ausdrücklich wird betont, dass sich durch den Kredithebel "das Verlustrisiko verändern kann". Ausgeschlossen wird die französische Forderung, dass die Europäische Zentralbank Ankäufe von Anleihen fortführt. Aufgenommen wurde die Forderung von SPD und Grünen, über eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer "zügig nach dem G20-Treffen Anfang November" in der EU zu entscheiden.

Für die Opposition und viele Koalitionsabgeordnete ist die Zustimmung möglich, weil der Bundestag heute nur ein Verhandlungsmandat geben wird. Das Gipfel-Ergebnis steht dann später noch einmal zur Abstimmung.

Der Linken-Vorsitzende Klaus Ernst forderte wegen der Risiken des Kredithebels soziale Garantien des Staates. "Die Bürger sind verunsichert, weil sie fürchten, dass sie am Ende für die Krisenkosten aufkommen müssen. Die Kanzlerin sollte deshalb im Bundestag eine Garantie für Löhne, Renten und Sozialleistungen abgeben", sagte Ernst unserer Zeitung.

(RP)
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