NRW-Initiative in Brüssel Zwischenerfolg beim Schutz der Medienfreiheit

Brüssel · Die EU-Kommission sei mit ihrem Versuch, die Freiheit der Medien in Europa besser zu schützen, übers Ziel hinausgeschossen, ist die einhellige Auffassung der zuständigen Stellen in Deutschland. NRW hat jetzt hinter einem Alternativvorschlag alle Regionen der EU versammeln können.

 Europa-Flaggen vor dem Belaymont, dem Sitz der EU-Kommission in Brüssel.

Europa-Flaggen vor dem Belaymont, dem Sitz der EU-Kommission in Brüssel.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Es kommt nicht oft vor, dass ein deutscher Landespolitiker beim Gang über die Flure im Europa-Parlament in Brüssel das Wort „Glückwunsch!“ zugerufen bekommt. Dem NRW-Staatssekretär für Medien und Europa. Mark Speich ist das am Donnerstag passiert. Offensichtlich hatte sich im Haus schnell herumgesprochen, was dem Mann aus Düsseldorf gerade gelungen war: Sämtliche Regionen Europas einstimmig hinter einer Initiative zu versammeln, die den Vorschlag der EU-Kommission zu einem Medienfreiheitsgesetz in zahlreichen Punkten verändern will.

Einen Sturm der Entrüstung hatte die Kommission mit ihrem Vorstoß zu mehr Medienfreiheit in Europa ausgerechnet bei den Exponenten der Medienfreiheit in Deutschland und einer Reihe anderer Staaten ausgelöst. Zwar stimmen sie dem Ziel zu, den staatlich drangsalierten Medien vor allem in Polen und Ungarn, inzwischen aber auch in Italien und Griechenland, zur Hilfe zu eilen um Medienfreiheit als Grundlage der Demokratie in Europa zu stärken. Doch dabei sei die Kommission weit über das Ziel hinausgeschossen, indem sie etwa eine Aufsichtsbehörde installieren will, die in Abstimmung mit der Kommission die Entwicklung in den Mitgliedsländern kontrollieren soll. Vor allem die deutsche Tradition von verfassungsrechtlich vorgeschriebener Staatsferne hat damit große Probleme. Deshalb hat sich in Deutschland auch eine einheitliche Position in den für Medien zuständigen Bundesländern gebildet.

Sie halten der Kommission vor, ihre Kompetenzen zu überdehnen. Weil Europa für die Medien keine Regelungsbasis hat, flog die Kommission ihr Vorhaben mit ihrer Zuständigkeit für den Binnenmarkt ein und schrieb in ihren Gesetzesentwurf unter anderem rein, dass die regionalen Märkte auch andere Großanbieter zulassen müssten. Was in Polen oder Ungarn zum Vorteil reichen kann, vermag gewachsene und bewährte Strukturen in Deutschland zu gefährden. Zumal die Rolle von Suchmaschinen-Giganten hier auch wichtig werden kann.

Speich erarbeitete eine Stellungnahme mit mehr als hundert Änderungen zum Vorschlag der Kommission. Vor allem will er erreichen, dass die neuen EU-Regeln nicht als unmittelbar geltendes Recht beschlossen werden, sondern lediglich als Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten dann für die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden kann. Hat der Ausschuss der Regionen im Brüsseler Alltag in der Regel wenig Einfluss, so dürfte das bei einem Thema, das vor allem von den Regionen getragen wird, anders sein. Zumal dann, wenn sich alle ohne Ausnahme hinter einem Änderungskatalog versammeln.

„Der Kommissionsentwurf verfolgt sicherlich das richtige Ziel, aber es gibt Raum für Verbesserungen“, erklärte Speich nach dem Abstimmungserfolg. „Insbesondere sollte Europa die Verantwortung der Mitgliedstaaten für den Schutz von Freiheit und Pluralität der Medien nicht ersetzen, sondern unterstützen“, bekräftigte der NRW-Staatssekretär.

Das nächste Wort haben nun Rat und Parlament. Die Federführung dort hat die Vorsitzende des EU-Kulturausschusses, Sabine Verheyen. „Wir werden die Bedenken der Regionen in unsere Arbeit aufnehmen und sie berücksichtigen“, sagte die CDU-Politikerin unserer Redaktion. Viele dieser Punkte seien im Parlament ähnlich gesehen worden und würden geteilt. „Deswegen ist die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen ein wichtiger Input“, unterstrich Verheyen.

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