Mehr Schlagkraft für den ESM Zwei Billionen für Euro-Rettung

Berlin · Die Euro-Länder wollen die Schlagkraft des Rettungsschirms ESM kräftig erhöhen. Sein Hilfsvolumen von derzeit 500 Milliarden Euro soll durch Hebel vervierfacht werden. Denn die Krise verschärft sich: Athen braucht mehr Geld.

Europas Krisenherde im Überblick
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Kaum hat das Verfassungsgericht den Weg für den neuen Euro-Rettungsschirm ESM freigemacht, da bereiten die Euro-Länder schon seine Ausweitung vor. Statt der bisher vorgesehenen 500 Milliarden Euro sollen über zwei Billionen Euro verfügbar sein, um im Ernstfall auch große Länder wie Spanien und Italien retten zu können.

Möglich machen soll dies der Einsatz von "Hebeln", wie sie auch im laufenden Rettungsfonds EFSF vorgesehen sind. Es sei das Ziel, dass der ESM einen ähnlichen Instrumentenkasten erhalte wie der ESM, bestätigte am Sonntag die Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. "Darüber wird derzeit in Brüssel beraten."

Wie Zauberei

Zugleich betonte die Sprecherin, dass Deutschland weiterhin nur mit 190 Milliarden Euro haften müsse. Das ist wichtig, weil das Verfassungsgericht in seinem Urteil ausdrücklich festgelegt hatte, dass die deutsche Haftung ohne erneute Zustimmung des Deutschen Bundestages nicht über diesen Betrag hinaus erhöht werden dürfe.

Doch wie lässt sich die Schlagkraft des ESM erhöhen, ohne dass die Staaten mehr Geld und Garantien geben? Die Zauberei möglich machen Finanzhebel, die es schon im EFSF gibt und die darauf zielen, privaten Investoren den Kauf von Anleihen aus Krisenstaaten schmackhaft zu machen.

So soll der Hebel funktionieren

Hebel I: Versicherung Teile der staatlichen Hilfsgelder werden genutzt, um privaten Investoren, die Anleihen von Krisenstaaten kaufen, eine Ausfallversicherung zu finanzieren. Dadurch sinkt das Risiko für die Investoren. Die Euro-Länder hoffen, dass sie so mehr private Geldgeber anlocken können.

Hebel II: Sondertopf Teile der Hilfsgelder werden verwendet, um einen Sondertopf zu speisen, für den auch andere öffentliche und private Investoren gewonnen werden sollen. Hier hofft Europa auf Staaten wie China, Norwegen und Schwellenländer. Dieser Sondertopf soll dann Anleihen von Krisenstaaten erwerben — auch so soll die Mischfinanzierung von Rettungsfonds und Investoren zu mehr Nachfrage nach Anleihen führen.

Beobachter bezweifeln aber, ob so tatsächlich neue Geldgeber angelockt werden können. Zudem muss auch der Bundestag den Leitlinien für den ESM zustimmen, in denen die beiden Hebel festgeschrieben werden sollen.

Neue Hiobsbotschaften aus Griechenland

Dabei drängt die Zeit. Die Lage in Griechenland spitzt sich nach einer kurzen Phase der Ruhe wieder zu. Am Sonntag wurde bekannt, dass das griechische Haushaltsloch größer ist als bislang bekannt.

Nach vorläufigen Erkenntnissen der Troika von Europäischer Zentralbank (EZB), Währungsfonds und EU-Kommission sollen der Regierung von Ministerpräsident Antonis Samaras in diesem Jahr rund 20 Milliarden Euro fehlen und damit fast doppelt so viel, wie zuletzt eingeräumt, wie der "Spiegel" berichtet.

Noch ein Schuldenschnitt?

Und dabei hat Samaras noch nicht einmal eine Mehrheit für sein Sparpaket zusammen, das dem Staat 11,5 Milliarden Euro bringen soll. Die Parteien kämpfen mit dem wachsenden Widerstand im Land, mittlerweile halten 90 Prozent der Griechen laut einer Umfrage das Sparpaket für ungerecht.

Nun soll Samaras mehrfach bei den öffentlichen Geldgebern angefragt haben, ob sie nicht auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten wollen. Bei dem Schuldenschnitt im vergangenen Jahr hatten nur die privaten Investoren wie Banken und Versicherungen auf Forderungen verzichten.

Wenn die Regierung in Athen ihr Haushaltsloch nicht absehbar schließt, darf die Troika kein grünes Licht geben für die Auszahlung der nächsten Tranche an Hilfsgeldern. Noch in diesem Jahr benötigt Griechenland weitere 31 Milliarden Euro.

Zweites großes Sorgenkind ist Spanien. Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied bei der Europäischen Zentralbank, bot dem Land am Wochenende erneut die Hilfe der EZB an. Die EZB sei bereit, der Ball liege bei der spanischen Regierung. Die aber ziert sich weiter, weil sie fürchtet, im Gegenzug strenge Sparauflagen befolgen zu müssen.

(anh)
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