Kommentar zum Aus der Zeitumstellung Purer Sommerzeit-Populismus

Düsseldorf · EU-Kommissionspräsident Juncker kündigt das Ende der Zeitumstellung an - „weil die Menschen das wollen“, sagt er. Daran gibt es allerdings erhebliche Zweifel.

 EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Archiv):

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Archiv):

Foto: AP/Virginia Mayo

Manchmal ist es schon erstaunlich mit der EU. Sie ist berüchtigt für ihre unendliche Schwerfälligkeit, die langen und längst nicht immer erfolgreichen Prozesse, die dazu dienen sollen, die Interessen von 28 Mitgliedstaaten unter einen Hut zu bringen. Man darf also vermuten, dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker jetzt auch deshalb so begeistert die Gelegenheit ergriff, ungewohnte Dynamik zu verbreiten, in dem er völlig überraschend das Ende der Zeitumstellung ankündigte. Nach dem Motto: Hoppla-hopp, wir machen jetzt das, was die Bürger wollen! Wirklich?

Zuvor hatte das Europaparlament über den umstrittenen Wechsel von Winter- zu Sommerzeit abstimmen lassen. Bei der nicht repräsentativen Umfrage hatten sich rund 4,6 Millionen Menschen beteiligt, darunter offenbar zwei Drittel aus Deutschland. 84 Prozent stimmten gegen die Zeitumstellung. Das hört sich nach sehr viel an, aber es hat eben auch nur ein Bruchteil der rund 500 Millionen EU-Bürger abgestimmt.

Natürlich darf man ein so entschiedenes Votum trotzdem nicht einfach ignorieren, aber mit seinem wurstigen „dann-machen-war-das halt-so“ macht es sich Juncker dann eben doch ein bisschen zu einfach. Wenn die Politik einfach populären Stimmungen nachgibt, ohne zuvor wenigstens die Konsequenzen zu erklären, dann nennt man das Populismus. Und genau das ist es.

Denn Juncker kann nur ein Ende der Zeitumstellung anschieben, der dann erst noch das Europaparlament und alle Mitgliedsstaaten zustimmen müssten. Und dann würde künftig immer die Winterzeitregelung gelten, es sei denn einzelne Länder scheren aus, um sich eine ewige Sommerzeit zu gönnen, über deren Nachteile im Winter aber wohl noch kaum einer nachgedacht hat. Das Ergebnis wäre ein Flickenteppich von Zeitzonen in Europa mit vermutlich höchst interessanten Auswirkungen auf den Warenverkehr, Bahn- und Flugverbindungen. Und wir werden künftig wohl noch sehr viel häufiger unsere Uhren umstellen als bisher. Ein echter Schildbürgerstreich.

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