Europawahl im Mai Wilders und Le Pen ziehen mit Anti-Europa-Bündnis ins Wahljahr

Brüssel · Eine europäische Allianz aus Anti-Europäern? Für den niederländischen Rechtspopulisten Wilders und die französische Front-National-Chefin Le Pen kein Widerspruch. Nun haben sie sich getroffen, um Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit auszuloten.

 Das politische Ziel des rechten Populisten-Paares Le Pen und Wilders: eine mächtige Fraktion im Europaparlament.

Das politische Ziel des rechten Populisten-Paares Le Pen und Wilders: eine mächtige Fraktion im Europaparlament.

Foto: afp, Jan Hennop

Hollands Rechtspopulist Geert Wilders hat einen Hang zum Pathos. "Das ist ein historischer Tag", verkündete der Chef der Freiheitspartei PVV mit bedeutungsschwangerer Stimme in Den Haag. Was ihn so stolz und schwülstig werden ließ, treibt anderen den Angstschweiß auf die Stirn. Wilders will mit Frankreichs Rechtsaußen Marine Le Pen für die Europawahlen im kommenden Mai ein Anti-EU-Bündnis gründen.

"Damit beginnt die Befreiung von der Elite und Europa, dem Monster in Brüssel", betonte Wilders nach einem Mittagessen mit der "Front National" Politikerin. Le Pen unterstrich, die EU habe sich ohne und gegen die Bürger entwickelt. "Nun ist das Volk zurück." Das politische Ziel des rechten Populisten-Paares ist klar: eine mächtige Fraktion im Europaparlament.

Denn bisher sind Rechtsextreme, Populisten und Anti-Europäer in der Straßburger Volksvertretung zu zersplittert, um wirklich Einfluss zu haben. Sie stellen insgesamt 119 der 766 Abgeordneten. 31 sind jedoch fraktions — und damit machtlos, darunter die EU-Abgeordneten von PVV und Front National, wozu auch Marine Le Pen selbst gehört. Beide Parteien liegen in ihren Ländern in den Meinungsumfragen für die Europawahl vorne.

Doch nur als Teil einer Fraktion von mindestens 27 Mitgliedern aus sieben Ländern könnten sie künftig wirklich etwas erreichen. Denn das hieße: Mehr Geld, mehr Redezeit, mehr Einfluss auf die Besetzung von Kommissionen und die Tagesordnung. Deshalb bündeln sie nun Kräfte. Als mögliche Partner hat Wilders die österreichische FPÖ, die Schweden Demokraten und den belgischen Vlaams Belang identifiziert. Unklar ist, ob die italienische Lega Nord, die dänische Volkspartei und die Wahren Finnen mitziehen.

AfD grenzt sich ab

Die deutschen Euro-Gegner der Alternative für Deutschland (AfD) grenzen sich ab. "Mit Rechtsextremisten haben wir nichts zu tun", so Parteichef Bernd Lucke. Auch die in Großbritannien extrem erfolgreichen EU-Skeptiker der United Kingdom Independence Party UKIP wollen mit Wilders und Le Pen nicht in ein Boot steigen.

Der 50-jährige Venloer wagt für mehr Macht in Brüssel einen riskanten Schulterschluss. Denn eine Liebesheirat ist das Bündnis mit Le Pen nicht. Wilders ist betont Israel-freundlich, wird von der mächtigen Israel-Lobby in den USA gesponsert. Front National-Gründer Jean-Marie Le Pen hingegen verharmlost gerne den Holocaust und bezeichnete die Nazi-Gaskammern als "Detail der Geschichte" des Zweiten Weltkriegs. Marine Le Pen versucht zwar nach Kräften, die Partei aus der Schmuddelecke des Antisemitismus herauszuführen. Doch das ist ein langer Weg. Geert Wilders übertünchte diese Gräben gestern nur notdürftig. Es gehe ihm und "Marine" um die Zukunft — und da verbinde beide mehr als sie trenne. Mehr noch: er finde nichts an ihr, was er nicht anziehend finde, schwärmte der erklärte Islam-Feind.

Gefährlich ist, dass sich die Extremen nun unter dem Label der patriotischen "Verteidiger der Vaterländer" versammeln und so die angesichts der Schuldenkrise verbreitete EU-Skepsis für sich zu instrumentalisieren suchen. Der Tenor: Die Fremdbestimmung aus Brüssel soll ein Ende haben. Jeder Staat müsse wieder selbst entscheiden dürfen, wofür er Geld ausgibt und wer ins Land darf. Diese Botschaft dürfte auch Menschen anziehen, die sonst keine rechten Parteien wählen würden. Der Rückzug aufs Nationale als Allheilmittel für globale Probleme. Das ist zwar kurzsichtig, spricht aber vielen Menschen aus der Seele.

Wilders hat sich schon bei den letzten Parlamentswahlen in den Niederlanden auf Brüssel-Hass und einen Ausstieg aus Euro eingeschossen. Ohne Erfolg. Es kam zur großen Koalition — die braucht ihn als Mehrheitsbeschaffer nicht. Nun hofft der Rechtspopulist, dass die Anti-EU-Karte bei den Europawahlen zieht und ihn zurück ins Rampenlicht bringt. Und dafür ist ihm die medienwirksame Marine Le Pen als Helferin sehr recht.

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