Parlamentswahlen in den Niederlanden Wilders bleibt hinter den Erwartungen zurück

Den Haag · Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden ist die rechtsliberale Regierungspartei von Premier Mark Rutte erneut stärkste Kraft geworden. Die rechtspopulistische PVV von Geert Wilders bekam zwar mehr Stimmen als bei der letzten Wahl, aber nicht so viele wie erwartet.

 Geert Wilders spricht in der Wahlnacht zu Journalisten in Den Haag.

Geert Wilders spricht in der Wahlnacht zu Journalisten in Den Haag.

Foto: afp

Auf der Grundlage von 93 Prozent der Stimmen ergibt sich am Donnerstagmorgen folgendes Bild: Die rechtsliberale Partei von Rutte liegt mit 21,2 Prozent klar vorn, obwohl sie im Vergleich zur vorigen Wahl 2012 deutlich verlor. Danach folgt die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders mit 13,1 Prozent. Auf dem dritten Platz liegen mit 12,6 Prozent die Christdemokraten. Knapp dahinter kommen die linksliberalen Democraten 66 mit 12,1 Prozent.

In Mandaten ergeben sich 33 Sitze für Ruttes Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD). Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) kommt auf 20 der 150 Parlamentssitze. "Das sind nicht die 30 Sitze, auf die ich gehofft hatte", sagte der Rechtspopulist dazu. In den Umfragen hatte seine Partei allerdings schon in den Tagen unmittelbar vor der Wahl an Boden verloren, am Dienstagabend bescheinigte ihr eine Prognose bereits nur noch etwa 14 Prozent der Stimmen.

Die Christdemokraten und die Democraten 66 holen jeweils 19 Sitze. Das Endergebnis der Wahl verzögerte sich noch. Die Auszählung der Reststimmen könne sich möglicherweise bis Freitag hinziehen, berichtete die Nachrichtenagentur ANP.

Mark Rutte gewinnt die Wahl | Statista">Infografik: Mark Rutte gewinnt die Wahl | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Wilders' PVV veranstaltete keine Wahlparty. Der Rechtspopulist schaute den Ausgang der Wahl in Den Haag im Parlamentsgebäude - wohl auch als Sicherheitsgründen, wie es hieß. Wilders wird seit zwölf Jahren rund um die Uhr bewacht, da er zahlreiche Morddrohungen erhält. Wilders will die Niederlande aus der EU führen. Der 53-jährige Rechtsaußen bediente im Wahlkampf Sorgen vor der Zukunft und Angst vor dem Verlust der nationalen Identität. Alle etablierten Parteien haben eine Zusammenarbeit mit ihm ausgeschlossen. (Lesen Sie hier, wie Geert Wilders auf das Wahlergebnis reagierte.)

Eigentlicher Wahlgewinner sind die Grünen unter ihrem aufstrebenden Spitzenkandidaten Jesse Klaaver, die sich deutlich verbessern konnten und in Amsterdam sogar siegten. In der zweitgrößten Stadt Rotterdam wurde Ruttes VVD stärkste Kraft. Der seit 2010 amtierende Premier Rutte kann seine bisherige Koalition mit den Sozialdemokraten allerdings nicht fortsetzen. Der Bündnispartner wurde massiv abgestraft und erlitt eine in der niederländischen Parlamentsgeschichte beispiellose Niederlage.

Die Beteiligung der Bürger lag nach einem zugespitzten Wahlkampf bei 81 Prozent - deutlich höher als 2012. Damals beteiligten sich knapp 75 Prozent der etwa 13 Millionen Stimmberechtigten.

Wie geht es nun weiter?

Es ist Tradition in den Niederlanden, dass die stärkste Partei einen "Informateur" stellt. Dieser ist für die Regierungsbildung verantwortlich. Er führt Sondierungsgespräche. Kann der Informateur seinen Auftrag erfolgreich erfüllen, erstattet er der dem König einen Abschlussbericht, in dem er dem Staatsoberhaupt die Ernennung eines "Formateurs" zur Bildung eines Kabinetts vorschlägt. Dieser ist meist der künftige Ministerpräsident der Niederlande.

Die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments hat 150 Sitze. Eine Sperrklausel gibt es nicht. Daher haben stets auch kleine Parteien gute Chancen, ein Mandat zu erringen. So wie dieses Mal etwa die Migrantenpartei Denk, die drei Sitze erreichte.

Aufgrund der stark zersplitterten Parteienlandschaft müssen eventuell vier Parteien eine Koalition bilden, um eine Mehrheit im Parlament zu erreichen. Mögliche Partner für Ruttes VVD sind CDA und D66. Wobei eine solche Konstellation immer noch zu wenige Sitze vereinen würde. Ein möglicher weiterer Partner ist daher die Partei Grün-Links. Dass Ruttes bisheriger Partner (PvdA) noch mitmacht, ist nach der herben Pleite der Partei mehr als fraglich. Unwahrscheinlich, aber rechnerisch möglich: eine Mitte-Links-Regierung ohne Rutte.

In einer Pressekonferenz am Montag hatte Rutte die Wahl in den Niederlanden als Viertelfinale im Kampf gegen den Rechtspopulismus genannt. Im Halbfinale stünde Frankreich. Dort entscheidet sich spätestens Anfang Mai, ob Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National Präsidentin wird. Das Finale bestreite dann Deutschland - am 24. September ist Bundestagswahl.

(jaco)
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