Interview mit Wirtschaftsweisen Franz "Tilgungfonds ist ein Ausweg"

Die Debatte, wie die Euro-Schuldekrise zu lösen ist, beherrscht die Politik seit Monaten. Und immer wieder kommt die Diskussion auf, ob Eurobonds eingeführt werden sollten. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, lehnt diese ab, wie er im Interview mit unserer Redaktion sagte.

 Wolfgang Franz bei der Übergabe des Berichts der Wirtschaftsweisen an die Kanzlerin.

Wolfgang Franz bei der Übergabe des Berichts der Wirtschaftsweisen an die Kanzlerin.

Foto: dpa, dpa

Morgen billigt der Bundestag den Fiskalpakt und den ESM. Warum reicht das nicht, die Euro-Krise zu beenden?

Franz Ob diese Instrumente zusammen mit den Anpassungsmaßnahmen ausreichen werden, die Finanzmärkte zu überzeugen, ist alles andere als sicher. Nach wie vor ist unklar, wie der Weg aus der Krise hin zu einer funktionstüchtigen Währungsunion gestaltet sein soll. Ein Realist wird auf politische Unwägbarkeiten verweisen und zusätzliche Maßnahmen für erforderlich halten, wie ein Engagement der Europäischen Zentralbank (EZB) oder Eurobonds, Instrumente also, die ich beide strikt ablehne.

Was müsste denn Ihrer Meinung nach noch hinzukommen, um die Kapitalgeber vom Euro zu überzeugen?

Franz Es geht darum, eine Brücke zu bauen, aus der derzeitigen Vertrauenskrise hin zu einem Ordnungsrahmen für solide Staatsfinanzen und einem stabilen Finanzsystem. Wer eine Finanzierung der Staatsverschuldung durch die EZB und eine Vergemeinschaftung der Staatsverschuldung mit Hilfe von Eurobonds zu Recht ablehnt, muss sich fragen lassen, welches Instrument er dann zum Zuge kommen lassen will. Hier bietet der Vorschlag des Sachverständigenrates, einen Schuldentilgungspakt zu schließen, einen Ausweg.

Wie würde der genau funktionieren?

Franz Ziel des Schuldentilgungsfonds ist es, solide Staatsfinanzen zu gewährleisten und zu verhindern, dass die EZB weiterhin Staatsschulden durch den Ankauf von Wertpapieren finanziert. Konkret können die Länder die Staatsverschuldung oberhalb von 60 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sukzessiv in einem Schuldentilgungsfonds einlagern, für den die Gemeinschaft haftet. Mit Eurobonds hat das wenig zu tun, denn diese Schulden müssen über einen längeren Zeitraum getilgt werden. Um diese Tilgung sicherzustellen, müssen die Länder Auflagen erfüllen. Dazu gehören Schuldenbremsen in der nationalen Verfassung, zusätzliche Steuern zwecks Tilgung und die Verpfändung der nationalen Währungsreserven und Goldbestände der Zentralbanken.

Warum wäre diese Art der gemeinsamen Haftung vertretbar?

Franz Der Schuldentilgungspakt bietet eine zielführende Möglichkeit, aus dem derzeitigen Schlamassel herauszukommen und ein Auseinanderbrechen der Währungsunion zu verhindern. Er bewirkt das, was Deutschland will: Senkung der Schuldenstandsquoten durch finanzpolitisches Wohlverhalten.

Sollte Griechenland unbedingt Mitglied der Euro-Zone bleiben?

Franz Auch bei einem Austritt Griechenlands, den ich nicht befürworte, kämen auf Deutschland immense Kosten zu, denn selbst dann würden wir Griechenland nicht einfach seinem Schicksal überlassen, sondern etwa im Rahmen von Strukturhilfen der EU unterstützen. Letztlich haben wir nur die Wahl zwischen Übeln, und ein Austritt Griechenlands wäre aus meiner Sicht das größere Übel.

Birgit Marschall stellte die Fragen.

(mar)
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