Poker um EU-Topjob SPD verzichtet auf Kommissarsposten in Brüssel

Berlin · Die SPD erhebt keinen Anspruch mehr auf einen Kommissarsposten in Brüssel. Parteichef Sigmar Gabriel erklärte am Freitag den Verzicht seiner Partei auf einen Topjob in der Kommission.

Das ist Jean-Claude Juncker
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Foto: afp, TS/AG

"Die SPD wird einen Kommissar der Union akzeptieren - sofern Martin Schulz zum Präsidenten des Europaparlaments gewählt wird", sagte Gabriel zu "Spiegel Online".

Der Vizekanzler verknüpfte die Personalie mit einer Wahl des konservativen Luxemburgers Jean-Claude Juncker zum Präsidenten der EU-Kommission. Bisher ist offen, ob andere sozialdemokratische Parteien in Europa diese Linie teilen.
Gabriel und Schulz sind am Samstag in Paris zu Beratungen der sozialdemokratischen Regierungen in der EU eingeladen, in denen die Positionen für den EU-Gipfel in der kommenden Woche abgestimmt werden sollen. Dabei geht es nicht nur um das Spitzenpersonal, sondern auch um Flexibilität bei der Auslegung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. Frankreich und Italien fordern mehr Spielraum für Investitionen in Wachstum und Beschäftigung. Dafür hatte zuletzt auch Gabriel plädiert.

Gabriel forderte Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf, sich für Schulz als Parlamentspräsident einzusetzen.
"Die Wahl Junckers zum Kommissionspräsidenten und die Wahl von Schulz sollten verknüpft werden", sagte Gabriel. "Angela Merkel ist jetzt gefordert, ihre Parteienfamilie davon zu überzeugen." Bei der Europawahl waren die Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidaten Schulz zweitstärkste Fraktion hinter der konservativen EVP geworden. Unter den Sozialisten stellen zudem nicht mehr die Deutschen, sondern die Italiener die meisten Abgeordneten.

Schulz, der bereits vor der Europawahl Parlamentspräsident war, hatte noch jüngst den Posten eines Vizepräsidenten der Kommission beansprucht. Deutschland steht aber nur ein Posten zu. Die Union hatte deutlich gemacht, dass sie als Siegerin der Europawahl in Deutschland den Kommissarsposten aus ihren Reihen besetzen will. Deutscher EU-Kommissar ist bislang Günther Oettinger (CDU), der für Energiefragen zuständig ist.

Aus der SPD hieß es, Gabriels Äußerung sei mit Schulz abgesprochen. Die neue Linie habe ursprünglich erst am Samstag in Paris publik gemacht werden sollen, hieß es aus Parteikreisen. Nach den Äußerungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag, der nochmals den CDU-Anspruch auf den Kommissionsposten untermauert hatte, sei Gabriel aber früher an die Öffentlichkeit gegangen, um den Eindruck eines Streits in der schwarz-roten Koalition zu vermeiden.

Auf Einladung von Frankreichs Präsident Francois Hollande werden sich nach Angaben seines Büros sieben Regierungschefs in Paris treffen. Dazu gehören Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, seine dänische Kollegin Helle Thorning-Schmidt und Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann. Teilnehmen werden auch die Regierungschefs Rumäniens, der Slowakei, Tschechiens und Belgiens. Eingeladen seien auch Gabriel und Schulz.

Wichtigstes Thema soll die Vorbereitung des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag sein. Dabei sind etwa die Fragen des Spitzenpersonals zu klären: Während die SPD die Wahl Junckers zum Kommissionspräsidenten vorgeschlagen hat, haben sich Renzi und Thorning-Schmidt nicht klar zu ihm bekannt. Sowohl die italienische als auch die französische Regierung fordern zudem mehr Flexibilität bei der Auslegung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Der sozialistische französische Ministerpräsident Manuel Valls lobte am Freitag im Radio France Inter die Unterstützung Gabriels für diesen Vorstoß. Valls plädierte zwar gegen Änderungen am Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die Regeln müssten eingehalten werden. Es müsse aber auch eine klare Unterscheidung zwischen Haushaltserwägungen und Investitionen in die Zukunft getroffen werden.

(REU)
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