Soraya Sáenz kündigt Sparziele an Spaniens neue harte Frau greift durch

Madrid · Die neue spanische Regierung zieht die Zügel an. Ministerpräsident Mariano Rajoy lässt am Freitag seine Stellvertreterin erste Spar-Grausamkeiten verkünden. Zu Beginn ihrer Karriere wurde Soraya Sáenz de Santamaría nicht sonderlich ernst genommen. Das hat sich bereits geändert.

Soraya Sáenz de Santamaría - Spaniens Gesicht und Stimme
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Auch Spanien muss angesichts der Schuldenkrise kürzen, sparen und Steuern erhöhen. Den nächsten Genickschlag gab am Freitag Rajoys rechte Hand und Stellvertreterin Soraya Saenz bekannt: Trotz der schon von der Vorgängerregierung ergriffenen Sparmaßnahmen verfehlt Spanien 2011 sein eigenes Defizitziel.

Das Haushaltsloch werde im laufenden Jahr bei acht statt der anpeilten sechs Prozent der Wirtschaftskraft liegen, sagte die stellvertretende Regierungschefin. Um im kommenden Jahr die Ziele zu erfüllen, kündigte Saenz diverse Sparschritte an. Die neue Mitte-Rechts-Koalition werde die Gehälter der Staatsbediensteten einfrieren und gleichzeitig die Arbeitszeit erhöhen. Über alle Ministerien hinweg würden 2012 insgesamt 8,9 Milliarden Euro eingespart. Zudem wird die staatliche Parteien- und Gewerkschaftsfinanzierung um 20 Prozent gekürzt.

Steuererhöhungen für die Reichen

Vorübergehend würden zudem einige Steuern erhöht. Dies gelte etwa für die nächsten zwei Jahre für diejenigen, die am meisten verdienten. Demnach werde die Immobilien-Steuer sowie die Kapital- und Einkommensteuer erhöht.

Bisher war lediglich bekannt, dass es zu einem Einstellungsstopp im öffentlichen Sektor sowie einem Einfrieren des Mindestlohns kommt.

Einzige Ausgabenerhöhung soll eine inflationsgebundene Anpassung bei den Renten sein. Nicht angetastet werden das Arbeitslosengeld sowie die Hilfen von 400 Euro für Arbeitslose, die kein Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld haben.

Schätzungen von Experten zufolge sind Einsparungen in Höhe von 20 Milliarden Euro nötig. Rajoy hat es sich zum Ziel gesetzt, die Defizitziele beim Haushalt zu erfüllen und gleichzeitig den Arbeitsmarkt anzukurbeln und einen langen Abschwung zu verhindern. Spanien befindet sich weiter im Visier der Märkte. Investoren zweifeln an der Fähigkeit des Landes, die staatlichen Finanzen in den Griff zu bekommen.

Die "Superministerin"

Heraushelfen soll dem Land nun als eine der wichtigsten neuen Figuren Rajoys Stellvertreterin. Als Soraya Sáenz de Santamaría 2003 erstmals die politische Bühne in Madrid betrat, fiel die Frau von kleiner Statur durch ihre viel zu große Handtasche auf. Das Bild wirkte unbeholfen und sorgte mit dafür, dass sie weder in der Partei noch außerhalb wirklich ernst genommen wurde.

Als Vizeregierungschefin, Präsidialministerin und Regierungssprecherin wird sie jetzt nicht mehr unterschätzt. Denn sie gilt als die "Superministerin" im Kabinett Rajoy.

Die 40-Jährige kam auf einem ungewöhnlichen Weg in die Politik. Sie war Staatsanwältin in der nordspanischen Kleinstadt León, als sie Mariano Rajoy eine Bewerbung mit Lichtbild und Lebenslauf schickte. Rajoy war da gerade Minister für öffentliche Verwaltung unter Aznar, Sáenz de Santamaría hingegen nicht einmal Mitglied der konservativen Partei. Rajoy stellte sie ein, und die junge Juristin machte sich unentbehrlich. Niemand im Kabinett wurde von seinen Mitarbeitern so gut auf Besprechungen, öffentliche Auftritte oder Parlamentsdebatten vorbereitet wie er.

Mitverantwortlich für den Tag der Gefallenen

Als Rajoy schließlich 2004 Spitzenkandidat der Volkspartei wurde, hatte er kaum Anhänger in der eigenen Partei. Aber Sáenz de Santamaría war eine treue Weggefährtin, die sich nie in den Vordergrund spielte. Sie wurde zwar Mitglied im Parteivorstand, zu den innerparteilichen Diskussionsrunden luden sie die einflussreichen Männer im Vorstand jedoch nie ein. Der war immer noch von ehemaligen Ministern Aznars beherrscht.

Erst nach der Wahlniederlage 2008 konnte Rajoy die Partei nach seinen Vorstellungen gestalten. Das war der Moment von Soraya Sáenz de Santamaría und einiger junger Mitstreiter. Lautsprecher wie Ex-Innenminister Ángez Ácebes wurden zu Hinterbänklern, innerparteilich wurden die letzten Sitzreihen schon "Tal der Gefallenen" genannt. Sáenz de Santamaría jedoch wurde Fraktionssprecherin und eröffnete in den Fragestunden jede Woche das Feuer auf die Regierung.

Mit ihrem erhobenen Zeigefinger wirkte sie nicht unbedingt sympathisch, doch die Vizeregierungs-Chefs reagierten nicht selten entnervt und gaben kein gutes Bild ab. Sáenz de Santamaría damals: "Ich bin gerne in der Rolle der Bösen."

Trotzdem arbeitete sie nun auch an ihrem Bild in der Öffentlichkeit. "Allein mit Soraya" nannte die Tageszeitung "El Mundo" eine Fotoreportage, in der sie die konservative Fraktionssprecherin mit zerzausten Kleidern und wildem Haar als Vamp porträtierte. Ihre Schwangerschaft mitten im Wahlkampf wurde viel kommentiert, noch vor der Wahl kam ihr Sohn Ivan zur Welt.

Nun steht sie auf der anderen Seite. Als Stellvertreterin Rajoys und Regierungssprecherin wird Soraya Sáenz de Santamaría das Gesicht der spanischen Regierung sein. Das Spardiktat, das sie am Freitag verkündete, wird nicht das letzte in ihrer Amtszeit gewesen sein. Nun ist sie gefordert, auch aus Sicht des Volkes in die "Rolle der Bösen" zu schlüpfen.

(RP/pst/das/rm/felt/jre)
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