Sommerzeit Warum werden am Sonntag doch wieder die Uhren umgestellt?
Brüssel · Eigentlich sollte sich diesen Sonntag kaum noch einer daran erinnern, dass es mal eine Zeitumstellung in der EU gab. Das wurde eigentlich bereits vor vier Jahren beschlossen. Doch die einzelnen Ländern können sich einfach nicht einigen.
Wenige Themen sind näher am Alltag der Menschen als die halbjährlichen Zeitumstellungen. Und bei wenigen ist die Meinung so klar: Bereits 2018 hatten sich in einer EU-weiten Umfrage mit Millionen Teilnehmern 84 Prozent der Europäer für ein Ende der Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit ausgesprochen, in etlichen Ländern waren es sogar 90 Prozent und mehr. Doch jede Nation einzeln ihre Zeit regeln zu lassen, wäre natürlich nicht gut gewesen. So blieb es ein Job für Europa. Und so wurde die Zeitumstellung zum lebenden Beweis dafür, dass die EU drei Gesetzgeber hat.
Im Parlament mit den direkt vom Sommerzeit-müden Volk entsandten Abgeordneten waren die Abschaffen-Befürworter schon lange in der Mehrheit. Auf Drängen des Parlamentes kam dann die Kommission zu dem Gesetzgebungsvorschlag, die Zeitumstellungen 2019 zu beenden. Das Parlament stellte sich hinter die Initiative - mit der Ergänzung, dass der Rat als dritte an der Gesetzgebung beteiligte Institution mit den Vertretern der Mitgliedstaaten bis April 2020 seine Entscheidung fällen solle, damit es endlich ab 2021 keine Zeitumstellung mehr geben würde.
Es kam der April, es kam der Mai, aber der Rat fand keine Position. Auch 2022 und 2023 nicht. Grünen-Verkehrsexpertin Anna Deparnay-Grunenberg beschreibt die Gemengelage anschaulich: „Tatsächlich nimmt sich immer mal ein Minister das Dossier vor, liest sich ein und klappt es wieder zu.“ Das Problem liege darin, dass die Staaten unterschiedliche Vorstellungen davon hätten, was denn nun der neue Standard sein solle. „Die Deutschen zum Beispiel wünschen sich ewige Sommerzeit, weil sie es gerne abends länger hell haben, die Spanier wiederum wollen es lieber früher hell.“ Schon gar nicht sei ein Flickenteppich an Zeitzonen gewünscht.
Die Probleme indes werden bei diesem offen gehaltenen Thema nicht geringer. „Viele Menschen erwarten zurecht von der EU, dass sie die Zeitumstellung samt Minijetlag endlich abschafft,“ erklärt die Grünen-Abgeordnete. Schließlich störe ohne Not die Umstellung den Biorhythmus zwei Mal im Jahr. Die Kommission weist darauf hin, dass viele Bürger bei der Umfrage auf negative Auswirkungen auf die Gesundheit und erhöhte Zahlen von Verkehrsunfällen hingewiesen hätten - und darauf, dass das ursprüngliche Ziel einer Energieeinsparung regelmäßig verfehlt werde.
Und so wächst denn der Druck. Daniel Caspary, Chef der Unionsabgeordneten in Brüssel, verweist auf die breite parlamentarische Mehrheit für die Abschaffung der Zeitumstellung und dass die Mitgliedstaaten das nun „seit Jahren blockieren“. Das sorge für „Frust, Ärger und Unverständnis bei vielen Bürgern“. Deshalb unterstreicht der CDU-Europa-Abgeordnete: „Der Rat muss endlich diese Blockade beenden und den Weg für eine gute Lösung ebenen.“ Und er unterstreicht: „Sofort, unmittelbar.“