Studie der Bertelsmann-Stiftung So sehr profitiert Deutschland vom Euro

Düsseldorf · Die Finanzkrise in Europa nimmt kein Ende. Viele Deutsche sehen den Euro inzwischen kritisch. Sie wünschen sich die D-Mark zurück. Die Gründung der Alternative für Deutschland ist Ausdruck der wachsenden Euro-Kritik. Eine aktuelle Studie kommt zu einem anderen Schluss: Die Gemeinschaftswährung tut dem Land gut.

Der Euro-Rettungsschirm ESM
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Foto: dpa, Boris Roessler

Unzählige Rettungspakete, Milliarden für sanierungsbedürftige Banken und Massenproteste in vielen Mitgliedsstaaten: Europa hat die Finanzkrise noch lange nicht überstanden. Die wachsende Euro-Skepsis zwischen Portugal und Griechenland knabbert zunehmend an den Grundfesten der Werte-Gemeinschaft.

Das ist beispielsweise in Griechenland der Fall und in Frankreich — doch auch östlich des Rheins, beim Musterschüler im Euroraum, steigt die Zahl derer, die sich vehement gegen den Euro aussprechen. Deutschland, so die Meinung der Euro-Feinde, sollte sich der D-Mark zu wenden.

Unzufrieden mit dem Euro

Jüngster Ausdruck der Unzufriedenheit ist der Erfolg der neu gegründeten Partei "Alternative für Deutschland". Ihr wird zugetraut, dass sie bei der Bundestagswahl im Herbst die Fünf-Prozent-Hürde überspringt und ins Parlament einzieht. Die radikalen Positionen der AfD sehen unter anderem den Austritt aus dem gemeinsamen Währungsraum vor.

Studie: Euro ist wichtig

Trotz wachsender Euro-Skepsis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zu einem gänzlich anderen Schluss: Der Euro ist wichtig für Deutschland. Und er sichert Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung. Eine Alternative wie die Rückkehr zur D-Mark hätte laut Untersuchung fatale Folgen. Vielmehr profitiert der europäische Wirtschaftsmotor von der Gemeinschaftswährung maßgeblich.

Der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung Aart De Geus kommt zu dem Schluss: "Die Mitgliedschaft Deutschlands in der Währungsunion reduziert die Kosten des internationalen Handels und schützt vor starken Wechselkursschwankungen."

"Erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden"

Und weiter: "Eine Rückkehr zur D-Mark würde erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten. Die Deutschen würden Einkommen und Arbeitsplätze verlieren", erklärt de Geus. Die Studie soll belegen, dass das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ohne den Euro jährlich um rund 0,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen würde.

Werden die Wachstumsvorteile der Euro-Mitgliedschaft zwischen 2013 und 2025 aufaddiert, ergibt sich ein Gewinn in Höhe von fast 1,2 Billionen Euro. Dieser Wert entspreche der Hälfte der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung des Jahres 2012. Allein vor diesem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund müsse das größte europäische Land im Euroraum bleiben.

1100 Euro mehr im Geldbeutel

Doch auch für den Normalbürger ist der Fortbestand des Euro unerlässlich: Berechnungen der Studie zufolge werden Deutschlands Bürger von 2013 bis 2025 durchschnittlich umgerechnet 1100 Euro mehr im Portemonnaie haben als mit der D-Mark. Eine Wiedereinführung der alten Währung würde nicht nur den gesamten Euroraum erschüttern, sie würde hierzulande auch mindestens 200.000 Arbeitsplätze kosten.

Das Fazit der Studie: Deutschland genießt die Vorteile des Euro. Auch dann, wenn Berlin Geld der Krisenländer zurückfordert und dies mit Abschreibungen einhergeht. Deutschland sei wirtschaftlich stark genug, um auch die in diesem Fall höhere Staatsverschuldung und den erhöhten Konsolidierungsbedarf zu stemmen.

"Ein Europa ohne den Euro würde auch politisch auseinander fallen und hätte im internationalen Wettbewerb das Nachsehen", sagt Aart De Geus. "Um wirtschaftliche Prosperität und Stabilität zu sichern, müssen endlich bestehende Effizienz- und Legitimationsdefizite beseitigt werden. Dazu muss die bestehende Währungsunion zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Union ausgebaut werden. Erst dann sichert die Gemeinschaftswährung Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in ganz Europa."

(nbe)
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