Verlust der Bestnote hilft Opposition Sarkozys Rating-Alptraum

Paris · Der Verlust des "AAA" durch die Ratingagentur Standard & Poors für Frankreich ist ein schwerer Schlag für Präsident Nicholas Sarkozy. War doch die Bewahrung des "Triple-A"-Status zur Chefsache erklärt worden.

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Foto: afp, ERIC FEFERBERG

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy müssen in der Nacht zum Samstag vor allem seine eigenen Worte um den Schlaf gebracht haben. Sarkozy war es, der in den vergangenen beiden Jahren unermüdlich das Rating AAA für sein Land zur Chefsache erklärt hatte. Er selbst war es, der es seine "persönliche Verpflichtung" nannte, die Bestnote der Ratingagenturen für Frankreich zu erhalten.

Kaum eine Rede, in der der konservative Politiker nicht das Triple A im Mund führte. Nun kommen die Geister zurück, die Sarkozy selbst auf den Plan rief: Die Rating-Agentur Standard & Poors hat Frankreich die Bestnote entzogen, es führt nun nur noch ein AA+.

Für Sarkozy kann dieser Verlust das Ende seiner Präsidentschaft bedeuten. 99 Tage vor den Wahlen im Nachbarland hat es die Regierung schwer, die zuvor so hochgespielte Entscheidung von Standard & Poors für unwichtig zu erklären. "Das ist keine Katastrophe", sagte Finanzminister Francois Baroin umgehend. Es sei so, als würde eine exzellente Schülerin statt einer eins plus nur noch ein sehr gut auf dem Zeugnis erhalten - und das sei ja auch nicht schlimm. Auch ein neuer Sparplan sei nicht nötig.

Tatsächlich könnten sich die ökonomischen Auswirkungen für Frankreich in Grenzen halten. Immer wieder zeigte das französische Fernsehen am Samstagmorgen beruhigende Berichte aus den USA, die schon im vergangenen Jahr die Bestnote verloren hatten und dennoch heute günstiger Geld leihen können als zuvor. Auch Frankreich wird wahrscheinlich weiterhin zu guten Zinssätzen Kredite erhalten, schließlich hatten die Märkte schon seit einigen Monaten die Herabstufung erwartet und diese schon in ihre Geldpolitik eingespeist.

Angst vor deutscher Dominanz

Aber das Triple A ist nicht nur eine rein ökonomische Marke.
Frankreich, die "Grande Nation", verliert mit der Bestnote seinen Ruf als solider und exzellenter Marktplatz. Auch deshalb befürchteten einige Kommentatoren, Deutschland können nun "noch mehr als zuvor", die europäische Politik bestimmen, weil es nach wie vor stolz das dreifache A führen kann. "Wir sind nicht mehr in derselben Kategorie wie Deutschland, und das bedauere ich sehr", sagte der sozialistische Spitzenkandidat Francois Hollande.

Für die französische Opposition um den aussichtsreichen Kandidat Hollande kam die Herabstufung allerdings strategisch denkbar günstig. Sie versuchten sich am Samstagmorgen darin, allein Sarkozy den Verlust anzuhängen. Denn eine generelle Kritik am Land, das Eingestehen einer möglichen nationalen Schwäche kommt in Frankreich nicht gut. "Nicht Frankreich wurde herabgestuft, sondern diese Regierung", sagte Hollande. Und forderte zugleich Bundeskanzlerin Merkel und die übrigen EU-Staaten auf, eine öffentliche europäische Rating-Agentur zu schaffen. "Ich bedauere sehr, dass nach 16 Krisengipfeln keine Alternative zu den allmächtigen Instanzen geschaffen wurde", so Hollande.

Auch Francois Bayrou, der Mitte-Politiker, warnte vor starken Konsequenzen für Frankreich. "Unser Platz in Europa ist gefährdet", sagte Bayrou. Er liegt aktuell auf dem vierten Platz hinter Hollande, Sarkozy und der rechtsextremen Marine Le Pen. Aber Bayrou nimmt für sich erfolgreich in Anspruch, die Krise als einziger vorhergesehen zu haben. Deshalb sei er auch nicht überrascht worden von der Entscheidung von Standard & Poors.

Geringe Reformerwartungen im Wahlkampf

Abseits der politischen Hahnenkämpfe um das vor einigen Jahren in der Bevölkerung völlig unbekannte Rating sehen Ökonomen große Veränderungen für die Bevölkerung. "Wir brauchen jetzt sofort und nicht erst in einigen Monaten einen neuen Sparplan", sagt der bekannte Wirtschafts-Experte Jacques Attali. Aber auch erwartet keine Reformen im Wahlkampf. Er appellierte außerdem an die europäische Union, Eurobonds einzuführen. "Ich bin entsetzt über den fehlenden politischen Mut, diese Lösung endlich durchzusetzen," so der sichtlich aufgebrachte Attali.

"Niemand sagt dies öffentlich aber es ist wahr: Die Währung muss abgewertet werden", sagte auch der streitbare Wirtschaftswissenschaftler Marc de Sitivaux im Fernsehsender BFMTV. Frankreichs Bürger müssten langfristig 15 Prozent ihrer Kaufkraft abgeben. "Aber wird Frankreich diese gravierenden Maßnahmen mitten im Wahlkampf treffen?", fragte der Ökonom. Und gab gleich darauf selbst seine skeptische Antwort: "Nein. Im Augenblick wird es keine Lösung geben."

(APD)
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