Experten fordern große Geschütze Rompuy: Nächster Krisen-Gipfel Ende Januar

Der nächste Gipfel zur Eurokrise findet spätestens Anfang Februar statt. Er habe den 27 EU-Ländern mitgeteilt, dass er den nächsten Gipfel für "Ende Januar, Anfang Februar" einberufen werde, kündigte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Donnerstag in Brüssel an. Unterdessen fordern Wirtschaftsexperten "große Geschütze" gegen die Krise.

Herman Van Rompuy - ein Schöngeist für Brüssel
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Auf dem ersten Gipfel im neuen Jahr solle besonders der auf dem Gipfel vor einer Woche beschlossene Pakt für strikte Haushaltsdisziplin besprochen werden, so Rompuy. Bisher war der nächste Gipfel offiziell für den 1. und 2. März angesetzt.

Die gefühlt wöchentlichen europäischen Schuldengipfel der vergangenen Monate haben laut Expertenmeinung ein Kernziel verfehlt: Das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen und den Kursverfall des Euro aufzuhalten. Nach Ansicht von Devisenexperten müssen die Verantwortlichen jetzt die großen Geschütze auffahren.

"Wir spielen mit dem Erfolg der Haushaltsreformen, wenn wir im Kampf gegen die Spekulation nicht alle Register ziehen", warnt Folker Hellmeyer, Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank. Dazu gehört nach Einschätzung zahlreicher Börsianer neben unlimitierten Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB)
auch die Einführung der sogenannten Euro-Bonds. Der Verzicht auf die schärfsten Waffen spiele Spekulanten in die Hände, weil er ihr Risiko begrenze, betont Hellmeyer. Er hält einen Rückgang des Kurses auf 1,23 bis 1,25 Dollar innerhalb der kommenden Monate für möglich.

Ruf nach der "Bazooka"

Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen sieht in verstärkten Bond-Käufen der EZB die einzige Chance, den Kursverfall der Gemeinschaftswährung und den Trend steigender Zinsen für Staatsanleihen von Staaten wie Italien oder Spanien kurzfristig und nachhaltig umzukehren. "Dies wäre zwar der monetäre Super-GAU, aber man würde die inflationären Tendenzen nicht sofort spüren."

Devisenstratege Rob Ryan von der BNP Paribas in Singapur weist darauf hin, dass sich Geschäftsbanken bei Käufen von Staatsanleihen zunehmend zurückhielten. Sie müssten schließlich ihre Engagements zurückfahren, um die verschärften Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen. "Irgendjemand muss eingreifen und diese Anleihen kaufen. Wenn die EZB es nicht tut, sieht es sehr schlecht aus, nicht nur für den Euro, sondern auch für alles andere", fügt Ryan hinzu.

Die Chancen, dass die EZB ihr begrenztes Ankaufprogramm massiv ausweitet und damit im Jargon einiger Fachleute die panzerbrechende Waffe "Bazooka" auspackt, sind bislang gering. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gilt als der schärfste Kritiker dieser Praxis. "Die große Frage ist nun: Wie weit muss die Krise eskalieren, bevor die EZB nachgibt?", sagt Commerzbank-Expertin Nguyen.

Euro-Bonds als Plan B?

Sollte die EZB an ihrem Widerstand gegen unlimitierte Bond-Käufe festhalten, bleibe der Politik kaum eine andere Wahl, als die vor allem in Deutschland ungeliebten Euro-Bonds einzuführen. Aber sie wären Nguyen zufolge nur die zweitbeste Wahl. "Ein Grund für die relative Stärke des Euro in den vergangenen Monaten war das hohe Interesse an Bundesanleihen.
Bei der Einführung von Euro-Bonds würden diese aber an Attraktivität einbüßen." Ein weiterer Rückschlag für die Gemeinschaftswährung wäre nicht ausgeschlossen.

Ohne Umsetzung einer oder beider Maßnahmen ist der weitere Verfall des Euro, der seit Ende August schon mehr als zehn Prozent seines Wertes eingebüßt hat, Experten zufolge kaum aufzuhalten. "Der Euro-Kurs wird durch eine politische Bewertung, nicht durch eine fundamentale, bestimmt", betont Volkswirt Hellmeyer. Europa steht besser da als die USA oder Japan, doch dieser Status wird nicht gewürdigt." Dieses Misstrauen der Anleger in die Euro-Zone treibe viele Anleger in den Dollar, sagt Analystin Nguyen. "Investoren suchen in Krisenzeiten Liquidität." Denn nur so sei sichergestellt, dass sie ihre Anlagen bei Bedarf schnell zu Geld machen könnten.

Russland will die kriselnden Länder der Eurozone über den Internationalen Währungsfonds (IWF) mit bis zu 20 Milliarden Dollar (15,4 Milliarden Euro) unterstützen. Russland sei "bereit, seinen Anteil an finanzieller Unterstützung zu leisten", sagte Arkadi Dworkowitsch, ein Berater von Präsident Dmitri Medwedew, am Donnerstag am Rande des EU-Russland-Gipfels in Brüssel. Zehn Milliarden Dollar seien der Mindestbeitrag, fügte er hinzu. Moskau sei aber bereit, zusätzlich noch zehn Milliarden Dollar über den IWF bereitzustellen.

Bei den mindestens zugesagten zehn Milliarden Dollar handelt es sich laut Dworkowitsch um Gelder, die Russland kommendes Jahr vom IWF zurückbekommt. Das Land werde aber den Betrag für die Hilfe der Euroländer beim IWF belassen, wenn es der Währungsfonds für nötig halte. Im Gegenzug müssten die Euroländer aber an ihrem ursprünglichen Ziel eines Rettungsfonds mit einer Kraft von einer Billion Euro festhalten. Moskaus Zusage könne noch am Donnerstag auf dem EU-Russland-Gipfel gemacht werden, sagte Medwedews Berater.

(REU/AFP)
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