Regierungskrise in Athen Rösler droht Griechen mit Euro-Rauswurf

Berlin (RPO). Wirtschaftsminister Philipp Rösler setzt der griechischen Regierung mitten in der Krise die Pistole auf die Brust: Entweder Reformen oder raus aus der Euro-Zone. Irgendwann sei die Geduld am Ende. Die Drohung mit dem Rauswurf aus der Euro-Zone ist nicht ohne Brisanz. Genau davor warnte am Wochenende eindringlich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.

 Wirtschaftsminister Philipp Rösler wählt gegenüber Athen erstaunlich undiplomatische Worte.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler wählt gegenüber Athen erstaunlich undiplomatische Worte.

Foto: dapd, dapd

Im Interview mit der Bild-Zeitung scheut der Bundeswirtschaftsminister nicht mit harten Worten. Von der künftigen griechischen Regierung verlangt er ehrliche Sparanstrengungen und Reformen. Die Bundesrepublik wolle zwar helfen, erwarte von dem Land im Gegenzug aber eigene Anstrengungen, sagte der FDP-Chef. Verzögerungen beim Reformprozess dürfe es nicht geben.

Das Interview ist aggressiv aufgeladen. "Wann fliegt das Land endlich aus dem Euro?", will das Boulevardblatt vom Wirtschaftsminister wissen. Ob die Griechen undankbar seien.

Rösler wählt für seine Antworten einen gemäßigteren Ton, steigt aber darauf ein. "Zumindest muss die griechische Regierung verstehen, dass unsere Geduld irgendwann zu Ende geht", antwortet der FDP-Vorsitzende. "Die Griechen haben selbst die Wahl: Reformen im Euroraum oder keine Reformen und draußen. Einen dritten Weg gibt es nicht." Die fein ausjustierte Sprache der Diplomatie hat er damit längst verlassen.

Seitdem die Regierung Papandreou mit ihren Plänen für ein Referendum die Euro-Retter maßlos verärgert hat, ist auch in Brüssel der Ausstieg Griechenlands aus dem Euro-Raum ein Thema. Genau davor aber warnte noch am Sonntag Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. "Das ist eine Lösung, die man gar nicht andenken sollte", sagte der Banker Ackermann am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Ein Ausscheiden Griechenlands wäre ein "ganz dramatisches Ergebnis".

Der Deutsche-Bank-Chef Ackermann plädierte dafür, dem Land mit einer "Art Marshall-Plan" zu helfen, seine Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Als "wichtigen großen Schritt" bezeichnete er den vereinbarten Schuldenschnitt von 50 Prozent.

Rechtlich sind die Fakten klar: Rausgeschmissen werden kann Griechenland aus der Eurozone nicht. "Der EU-Vertrag sieht keinen Austritt aus der Euro-Zone ohne ein Verlassen der EU vor", stellte zuletzt noch einmal eine Sprecherin der EU-Kommission klar. Doch man werde "die Griechen nicht zu ihrem Glück zwingen", betonte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker. Wir sagen "nicht, Griechenland muss um jedem Preis Mitglied bleiben".

Doch auch Athen selbst will keine Rückkehr zur Drachme nicht. Das gilt für die scheidende Regierung Papandreou genauso wie für seinen Nachfolger. Denn Papandreou tritt nur zurück, wenn die Übergangsregierung seinem Kurs folgt. Der aber heißt: Griechenland kann nur mit dem Euro überleben. Die griechische Mitgliedschaft in der Eurozone stehe nicht infrage, sagte der Regierungschef noch am Donnerstag.

Etliche Experten sind der Ansicht, dass eine Rückkehr zur Drachme einem ökonomischen Selbstmord Griechenlands gleichkäme. Die Drachme würde zum Euro extrem abgewertet — um mindestens die Hälfte. Dadurch würden zwar griechische Exporte billig, doch die auf Euro lautenden Schulden schier unbezahlbar.

Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn rät Griechenland allerdings zum Ausstieg. "Mit dem Euro kommen die Griechen nie wieder auf einen grünen Zweig", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Für eine Währungsumstellung müssten die griechischen Banken eine Woche lang geschlossen bleiben. Alle Konten, Bilanzen und Staatsschulden würden auf Drachme umgestellt. Dann würde die griechische Währung abgewertet, um das Land wieder wettbewerbsfähig zu machen. "Es gibt ein lokales Gewitter, und dann scheint wieder die Sonne", sagte Sinn.

Nichts scheint im Fall Griechenland noch ausgeschlossen. Das Drachme-Szenario spiegelt sich mittlerweile schon in der Realwirtschaft. Der Touristikkonzern TUI stellte bereits die Weichen für den Fall X: die Rückkehr zur Drachme. Das Unternehmen forderte griechische Hoteliers auf, einen Vertrag zur Absicherung gegen Währungsrisiken zu unterzeichnen. "Wenn der Euro nicht mehr die Währung sein sollte, ist TUI berechtigt, die Geldsumme in der neuen Währung zu bezahlen", heißt es in dem Text zur Begleichung künftiger Hotel-Rechnungen in Griechenland.

"Wir müssen uns gegen solche Währungsrisiken absichern. Es gibt mehr als eine theoretische Möglichkeit, dass Griechenland aus der Euro-Zone aussteigt", sagte TUI-Sprecher Robin Zimmermann dazu der "Bild"-Zeitung.

(dapd/AFP/RTR/RP/rm)
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