Odyssee auf dem Mittelmeer Rettungsschiff „Lifeline“ findet seit Tagen keinen Hafen

Für 234 Flüchtlinge an Bord des deutschen Rettungsschiffs „Lifeline“ dauert die Ungewissheit an. Noch gibt es keine Erlaubnis zur Einfahrt in einen Hafen.

 Dieses Foto zeigt das Schiff „Lifeline“ am Donnerstag - dem Tag, als die Flüchtlinge vom Mittelmeer gerettet wurden.

Dieses Foto zeigt das Schiff „Lifeline“ am Donnerstag - dem Tag, als die Flüchtlinge vom Mittelmeer gerettet wurden.

Foto: AP/Hermine Poschmann

Gerettet worden waren die Flüchtlinge am Donnerstag. Italien sperrt definitiv seine Häfen, Malta weigert sich ebenfalls. Beide Staaten haben sich dabei gegenseitig der Unmenschlichkeit bezichtigt. Italien forderte den Inselstaat auf, dem Schiff die Einfahrt in einen seiner Häfen zu erlauben, das es sich im maltesischen Gewässern im Mittelmeer befinde. Der maltesische Innenminister Michael Farrugia antwortete dem italienischen Verkehrsminister Danilo Toninelli per Twitter: „Warum wird ihnen nicht sofort erlaubt, in Italien zu ankern, wie Italien es nun von Malta verlangt? Das ist die wahre Unmenschlichkeit.“

„Es scheint, als ob die Weltpolitik auf dem Rücken dieser Menschen ausgetragen werden soll“, sagte der Kapitän der „Lifeline“, Claus-Peter Reisch, mit Blick auf den Asyl-Streit vor dem EU-Sondergipfel zu Migration am Sonntag in Brüssel. Am Sonntag trafen Hilfslieferungen an Bord ein.

Lage an Bord der „Lifeline“ wohl stabil

Menschen aus Seenot zu retten, sei kein Verbrechen, sondern eine Pflicht, sagte Reisch. Eine Rückführung nach Libyen würde der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechen. Reisch bezeichnete die Lage an Bord als stabil. Unter den Flüchtlingen seien vier Säuglinge mit ihren Müttern, auch ihnen gehe es den Umständen entsprechend gut. Maltesisches Militär brachte Lebensmittel. Das Schiff, das in Warteposition in internationalen Gewässern liegt, wird von der Dresdener Initiative Mission Lifeline betrieben.

Auch das Handelsschiff „Alexander Maersk“ treibe mit 113 Flüchtlingen in internationalen Gewässern im Mittelmeer, ohne dass sich ein Hafen öffne, hieß es in einem dramatischen Appell der drei deutschen Seerettungsorganisationen Mission Lifeline, Sea-Watch und Sea Eye am Samstag. Unterdessen teilte die spanische Seenotrettung mit, sie habe allein am Samstag vor der Küste Andalusiens und der kanarischen Inseln 769 Menschen aus Seenot in Sicherheit gebracht.

Diplomatische Verhandlungen zwischen Malta und Spanien

Lifeline-Sprecher Axel Steier sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Verhältnisse auf dem Rettungsschiff „Lifeline“ seien sehr beengt. Viele Menschen seien krank. „Sie brauchen dringend einen sicheren Hafen“, betonte er. „Sie dürfen nicht länger auf dem Wasser hin- und hergeschickt werden.“ Es seien diplomatische Verhandlungen zwischen mehreren Ländern im Gang, unter anderem zwischen Malta und Spanien. Spanien hatte kürzlich das Rettungsschiff „Aquarius“ mit 629 Menschen an Bord nach tagelanger Irrfahrt in den Hafen von Valencia einlaufen lassen. Italien hatte dies verweigert.

Auch der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, machte sich für eine humanitäre Lösung stark. Die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, sei auf das Niveau von vor 2014 zurückgegangen. „Europa ist heute nicht mehr im Kern einer Migrations- oder Flüchtlingskrise“, sagte er. Mehr als neun von zehn Flüchtlingen oder Vertriebenen weltweit befänden sich außerhalb Europas. Am Donnerstag hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk beklagt, dass innerhalb von nur drei Tagen 220 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken seien.

(hebu/epd/dpa/AP/AFP)
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