Kritik des EU-Rechnungshofes Bei Europas Weinbau viel Luft nach oben

Luxemburg/Brüssel · Eine halbe Milliarde steckt die EU jährlich in das Wirken ihrer Winzer. Doch die Auflagen für klimaschonenden Umbau und klimaresistenten Anbau sind nach einem Prüfbericht des Rechnungshofes unterentwickelt, obwohl die Zukunft des Weins dadurch besonders gefährdet ist.

Weinlese in Portugal.

Weinlese in Portugal.

Foto: dpa/Armando Franca

Weltweit führend ist die EU beim Wein. Hier wird mehr produziert, mehr getrunken und von mehr Wein exportiert als in jeder anderen Anbauregion. Dafür stehen EU-weit mehr als zwei Millionen Weinbaubetriebe. Damit das auf Dauer so bleibt, nimmt die EU viel Geld in die Hand, damit Europas Winzer wettbewerbsfähiger werden, Überproduktion vermeiden und den Wandel zu umweltschonendem und klimaresistentem Anbau hinkriegen. Doch genau hier liegt die EU-Kommission neben der Spur. Gerade bei der ökologischen Nachhaltigkeit sei die EU-Weinpolitik „noch nicht ausgereift“, urteilt der Europäische Rechnungshof nach einer intensiven Verkostung von Weinbau-Förderprogrammen und deren Umsetzung.

Es würden zwar Rot-, Weiß und Roséweine erzeugt, die grünen Anbaumethoden seien aber selten vorgegeben, kritisieren die Prüfer. Ein Vergleich macht das augenfällig. Bei der generellen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müssten 40 Prozent aller Ausgaben auf Klimaziele ausgerichtet sein, beim Weinbau nur fünf Prozent. Dabei stelle der Klimawandel mit seinen Wetterextremen eine besondere Gefahr für den Weinbau dar. Nach den Feststellungen der Prüfer würden jedoch in der Praxis die Gelder der EU „nicht gezielt für Projekte zur Verringerung der umwelt- oder klimaschädlichen Auswirkungen des Weinanbaus eingesetzt“. So könne sogar der gegenteilige Effekt eintreten, wenn es etwa eine Umstellung auf Rebsorten gebe, die noch mehr Wasser benötigten.

Die EU habe die Erlaubnis zum ständigen Ausbau des Weinanbaus um bis zu ein Prozent jährlich zwar bis 2045 verlängert, zuvor jedoch keine Untersuchung über die möglichen Auswirkungen gemacht. Deutschland wird neben Spanien lobend erwähnt, weil dies die beiden einzigen Länder seien, die eine Erweiterung nur um 0,3 beziehungsweise 0,5 Prozent zulassen. Dies sei jedoch wenig aussagekräftig, weil die Werte in einzelnen Regionen auch deutlich darüber liegen dürften.

Was in Deutschland speziell falsch läuft, geht aus den Untersuchungen nicht hervor. Denn von den EU-Geldern nehmen deutsche Winzer ungleich weniger in Anspruch als ihre Kollegen in anderen Weinanbauländern. In der zurückliegenden Förderperiode gingen etwa 1,6 Milliarden nach Italien, 1,4 Milliarden nach Frankreich und knapp eine Milliarde nach Spanien, aber weniger als 200 Millionen nach Deutschland. Vor Ort sahen sich die Rechnungsprüfer daher vor allem dort um. Und so ermittelten sie, dass etwa in Frankreich 20 Prozent aller eingesetzten Pilzvernichtungsmittel im Weinbau eingesetzt wurden, obwohl die Flache nur drei Prozent betrug.

Doch Sorgen machen sich auch die deutschen Winzer. Denn die EU-Kommission will den Pestizideinsatz auch auf den Weinhängen halbieren, in einzelnen Schutzbereichen wie dem Moseltal ganz verbieten. Das Projekt ist hoch umstritten, zumal die Grünen noch drastischere Einschränkungen wollen. Die Abstimmung im federführenden Agrarausschuss steht im Oktober an.

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