Gesetzentwurf löst Empörung aus Freier in Frankreich sollen bestraft werden

Paris · In Frankreich sollen nicht mehr Prostituierte sondern Freier bestraft werden. Es droht ein Bußgeld von 1500 Euro. Das Parlament stimmt diese Woche über den Gesetzesentwurf ab.

Prostitution und Bordelle 2018 in NRW
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Foto: dpa/Andreas Arnold

Die Stimmung der platinblonden Priscilia ist am Boden. In ihrem knappen, schwarzen Höschen und Netzstrümpfen sitzt die Prostituierte in ihrer kleinen Wohnung im Zentrum von Paris und klagt, dass sie schon jetzt "80 Prozent des Umsatzes eingebüßt" habe. Grund sei das geplante neue Prostitutionsgesetz, das diese Woche im Parlament in Frankreich beraten wird. Es sieht erstmals vor, dass nicht mehr die Prostituierten, sondern ihre Freier bestraft werden sollen. Das Gesetz erregt die Gemüter im katholischen Frankreich fast so sehr wie Wirtschaftskrise und Homo-Ehe.

"Ich hab' dich lieb, aber ich habe Angst"

"Die Kunden sagen mir: 'Ich hab' dich lieb, aber ich habe Angst'", erzählt die etwa 40-jährige Priscilia in der berühmt-berüchtigten Rue Saint-Denis in Paris. Ein Freier habe ihr gestanden, dass er jetzt in die chinesischen Massage-Salons gehe, die diskreter seien. "Dieses Gesetz legt mir die Schlinge um den Hals", habe ihr der Mann gesagt.

Der Gesetzentwurf, den zwei weibliche Abgeordnete der sozialistischen Regierungsmehrheit vorgelegt haben, sieht ein Bußgeld von 1500 Euro für Freier vor, im Wiederholungsfall das Doppelte. Die Prostitution, die in Frankreich legal ist, wird dadurch nicht verboten. Es wird sogar der seit 2003 existierende Straftatbestand des "Kundenfangs" abgeschafft, der Prostituierte mit zwei Monaten Gefängnis bedroht, wenn sie öffentlich - auch passiv - Freier anlocken.

Doch die Kritiker des Gesetzentwurfs halten die Pläne für scheinheilig, den Prostituierten werde dadurch de facto die Kundschaft und somit ihre Lebensgrundlage entzogen. Hoch schlagen die Wogen in Frankreich auch deshalb, weil sich eine Reihe von Prominenten in die Debatte eingeschaltet haben, darunter die Schauspielerin Catherine Deneuve und der Sänger Charles Aznavour, die sich gegen Strafen für Huren und Freier wandten.

Die spektakulärste Aktion aber starteten "343 Dreckskerle" - so ihre eigene Bezeichnung - die im November öffentlich bekannten, die Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen zu haben oder dazu bereit zu sein. Zu den Unterzeichnern der Schrift mit dem Titel "Fass' meine Hure nicht an!" zählten Schriftsteller wie Frédéric Beigbeder oder der bekannte Journalist der Zeitung "Le Figaro", Eric Zemmour.

"Die Debatte wird lebendig werden", ist sich Maud Olivier, Mitinitiatorin des Gesetzentwurfs, vor den Parlamentsberatungen sicher. Die Abgeordnete der Nationalversammlung wollte eigentlich eine Gefängnisstrafe für Freier im Wiederholungsfall. Damit scheiterte sie aber am Widerstand ihrer sozialistischen Kollegen.

Keine Gefängnisstrafe

Der französische Rat für Gleichstellungsfragen hatte kürzlich dafür plädiert, das Aufsuchen einer Prostituierten zumindest als Straftat und nicht nur als Ordnungswidrigkeit einzustufen - auch wenn keine Gefängnisstrafe verhängt wird. Mit einem Bußgeld werde das Kaufen sexueller Dienste "weniger schwer bestraft als ohne zu Zahlen eine Café-Terrasse zu verlassen", bemängelt auch Grégoire Théry vom Prostituierten-Hilfsverein Nid.

Mindestens 20.000 Frauen gehen in Frankreich laut Innenministerium regelmäßig der Prostitution nach, laut Sexarbeiter-Gewerkschaft Strass sind es 400.000. Anders als noch vor etwa 20 Jahren ist die große Mehrzahl von ihnen inzwischen aus dem Ausland: 80 bis 90 Prozent kommen vor allem aus Osteuropa, Afrika, China oder Lateinamerika. Viele sind Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Der Gesetzentwurf sieht daher auch Hilfen zum Ausstieg aus der Prostitution für die Frauen vor.

Vorbild für Frankreich ist Schweden, wo die Freier seit 1999 bestraft werden. Doch viele befürchten, dass verschärfte Polizeikontrollen der Freier die Prostituierten dazu zwingen werden, im Verborgenen und somit weniger geschützt zu arbeiten. Für die 46-jährige Nanou in Paris, die einen Kredit abzubezahlen hat und zwei Kinder in der Ausbildung, ist aber jetzt schon klar: "Ich bleibe hier, egal was passiert."

(AFP)
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