Pressestimmen Wahl in den Niederlanden - "Was für ein Fest"
Regierungschef Mark Rutte steht nach der Wahl in den Niederlanden als Sieger da. Rechtspopulist Geert Wilders und seine Partei wurden dagegen abgestraft. So kommentieren die Medien den Wahlausgang.
"Rheinische Post": "Ministerpräsident Mark Rutte hat seinem Land, aber eigentlich auch ganz Europa gezeigt, dass populistische Worthülsen letzten Endes nicht überzeugen. Kontrahent Geert Wilders hatte solche Hülsen immer wieder in die Welt posaunt, schnitt aber deutlich schlechter ab, als man es ihm zuvor zugetraut hatte. Sein lächerliches Wahlprogramm, das auf einer Din-A4-Seite Platz findet, war schon ein Beweis dafür, wie wenig Inhalt in Wilders' Aussagen steckte. (...) Politik war das nie, sondern Theater. Das spielte er zugegeben gut. Aber mit Theater gewinnt man in einem demokratischen Land keine Wahlen – nur mit Inhalten."
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"Süddeutsche Online": "Die Wahl in den Niederlanden zeigt: Es ist möglich, die Populisten im Zaum zu halten. Doch für einen Abgesang auf den aggressiven Nationalismus ist es zu früh."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Mark Ruttes Kalkül ging auf. Der Ministerpräsident war Hauptnutznießer der Eskalation mit Ankara über die Auftrittsverbote für türkische Minister. Trotzdem steht er nun vor einer schwierigen Koalitionsbildung."
"Welt.de" über Rutte: "Der lange als glatt und brav unterschätzte 50-jährige Junggeselle hatte Erfolg mit seiner Strategie, die Themen von Wilders anzunehmen und in Fragen von Integration und Flüchtlingen einen harten Kurs zu fahren. Wie ein Geschenk des Himmels kam der heftige Streit mit der Türkei hinzu, in dem Rutte entschlossen und hart, aber auch staatsmännisch agierte. (...) Das niederländische Wahlergebnis wird dem liberalen Europa der Mitte Hoffnung machen."
"Rhein-Neckar-Zeitung": "Was für ein Fest! Der Rechtspopulist GeertWilders bleibt weit hinter allen Befürchtungen zurück, der Rechtsliberale Mark Rutte gewinnt die Wahl in den Niederlanden haushoch. Damit ist der von vielen Demokratiefeinden erhoffte Auftakt 2017 in eine Zerstörung der Europäischen Union krachend gescheitert. Kein Rückenwind für Frankreichs LePen. Und die AfD? Wird sich vermutlich weiterhin auf den Kern der Unzufriedenen reduzieren. Ein Sieg der Vernunft auf breiter Front."
"Neue Rhein/ Neue Ruhr Zeitung": "Aufatmen können die demokratischen Kräfte in Europa nicht. Aber es macht ein gutes Gefühl, dass unsere niederländischen Nachbarn eben nicht Geert Wilders die meisten Stimmen gegeben haben. Wilders, der nun schon seit Jahren hetzt und schürt und der bei all seiner Kritik keine echten Lösungen bietet. Er hat sein Wahlziel verfehlt, das muss er eingestehen. Dennoch: Sein recht hoher Stimmenanteil muss nach wie vor jeden Demokraten alarmieren, wenngleich das Ergebnis insgesamt etwas hoffen lässt. Spätestens bei der Wahl in Frankreich in wenigen Wochen werden wir sehen, ob auch dort die bisherigen Parteien die Radikale Marine le Pen in Schach halten können. Dieses Eindämmen funktioniert am besten, wenn die Politik die vorhandenen Probleme und Missstände offen und ehrlich anspricht - aber eben ohne Hass und mit einer Sprache, die jedem Menschen die Würde lässt. Ministerpräsident Mark Rutte hat in den letzten Tagen gezeigt, wie ein Politiker das Vertrauen der Bevölkerung zurückerlangen kann: Mit deutlichen Worten und Taten an die Adresse der türkischen Regierung hat er klare Kante und Tatkraft bewiesen. Natürlich war das auch Taktik. Aber sein Handeln kommt an und wird auch honoriert werden, wenn diese Haltung dazu genutzt wird, das Land wieder zu einen. Zunächst aber muss eine handlungsfähige Mehrheit für die Zweite Kammer gefunden werden; das wird sicher noch eine Weile dauern. Aber am Ende wird es eine demokratische Regierung sein."
"Schwäbische Zeitung": "Der Abstand des Wahlsiegers Rutte zu Wilders überraschte dann aber doch. Womöglich spielten zuletzt die Provokationen aus der Türkei eine Rolle. Rutte handelte in der Krise resolut, bewahrte aber einen kühlen Kopf - und begab sich nicht wie Wilders mit aggressiven Ausfällen auf eine Stufe mit dem türkischen Präsidenten. Zu den Wahlsiegern zählen auch die Grünen, gerade weil sie entgegen der allgemeinen Stimmung die Fahne der weltoffenen, liberalen Niederlande hochhalten. Dass sie in die Regierung einziehen, ist nicht ausgemacht - aber es ist deutlich wahrscheinlicher als eine vergleichbare Rolle für Wilders."
"Badische Neueste Nachrichten": "Die Wahl in Holland hat wie die zuvor in Österreich deutlich gemacht, dass die Bäume der Populisten nicht in den Himmel wachsen. Das ist ein gutes Signal. Vielleicht greift ja in den politikmüde gewordenen Kernländern der EU eine Erkenntnis aus 2016: Damals galten Wahlergebnisse wie der 'Brexit' oder der Erfolg von Donald Trump als unvorstellbar. Jetzt ist man klüger - und handelt danach."
"Les Échos" (Frankreich): "Die zum Test für Europa gemachten Parlamentswahlen in den Niederlanden vom Mittwoch haben das Schlimmste verhindert. (...) Die Wähler haben anscheinend die Härte geschätzt, mit der ihr Ministerpräsident (Mark Rutte) den Konflikt mit dem (türkischen) Präsidenten Erdogan geführt hat. Sie sind auch dem Willen ihres Regierungschefs gefolgt, die Spirale des Populismus in Europa aufzuhalten."
"Le Figaro" (Frankreich): "Falls sie sich bestätigen, sind die Ergebnisse der Parlamentswahlen eine große Erleichterung für die traditionellen Parteien in Europa, insbesondere in Frankreich (...)." Das konservative Blatt erwähnt auch die begeisterte Reaktion des deutschen Kanzleramtschefs Peter Altmaier, der die Niederlande auf Twitter als "Champion" bejubelt hatte: "Dieser Enthusiasmus sagt viel über die Nervosität, die in Europa vor dem niederländischen Wahlgang herrschte."
"Le Monde" (Frankreich): "Der Aufstieg der kleinen Parteien bestätigt sich, was die Zersplitterung der politischen Landschaft verstärkt. (...) Die letzte Lektion ist, dass es offensichtlich kompliziert wird, eine Koalition zu bilden. (...) Die hohe Wahlbeteiligung (...) hat die Dinge für die Anführer des Landes ganz sicher nicht einfacher gemacht."
"Dernières Nouvelles d'Alsace" (Frankreich): "Wilders wollte auf dem ersten Platz landen und zählte auf die populistische Welle, die an vielen Orten in Europa und in der Welt zu spüren ist, um einen Schatten auf eine künftige Regierungskoalition zu werfen. Das wird nicht der Fall sein. Aber die Debatte bleibt erregt in diesem Land, in dem die Tradition der Toleranz und der Offenheit in den vergangenen Jahren Schaden genommen hat."
"El País" (Spanien): "Gewinnen, um zu verlieren. Das ist das Ergebnis, mit dem Geert Wilders, der Chef der niederländischen Anti-Islam-Bewegung, nicht gerechnet hatte. In den Parlamentswahlen vom Mittwoch ist seine Partei der Freiheit zwar von 15 auf 20 Sitze angewachsen, aber sie hat ihr Ziel verfehlt. Somit ist Wilders nicht zum ersten Sieger in der Liga der europhoben Gruppen in Europa aufgestiegen, die auch über Spieler in Frankreich, Deutschland und Österreich verfügt. (...) Ist er an einem Scheideweg angekommen oder hat er seinen Höhepunkt bereits überschritten?"
"Corriere della Sera" (Italien): "Er, 'Mozart', war ein Schreckgespenst, nicht der neue Donald Trump. Und die Niederlande sind nicht das Raumschiff, das in die Galaxie des Populismus startet, weit weg von Europa. Die Straße zu den Wahlerdbeben in der EU wird sich nicht öffnen, dürfte sich nicht öffnen. Sie scheinen genau das zu sagen, die ersten Teilergebnisse der Wahlen (...). Es wurde nicht über den "Nexit", den Austritt aus Europa, gestimmt, aber die Botschaft steckt genau darin. Geert Wilders, eben dieser "Mozart", der populistische Anführer, der bestimmten Umfrage zufolge jede Menge Stimmen absahnen sollte, muss sich wahrscheinlich mit einem mageren zweiten Platz zufrieden geben. (...) "Henk und Ingrid", das von ihm erfundene typische holländische Paar, getrieben von angeblichen Vorteilen, die islamischen Migranten zugestanden werden (...), haben Wilders offenkundig die Gefolgschaft verwehrt."
"La Repubblica" (Italien): "Europa stößt einen zarten, aber tiefen Seufzer der Erleichterung aus: Die populistische Welle von Geert Wilders hat die Niederlande nicht überwältigt. Den Nachwahlprognosen von Donnerstagabend zufolge hat die liberale Partei des bisherigen Premierministers Mark Rutte gewonnen (...). Ein Erfolg, den er auch dank seines unnachgiebigen Verhaltens in den vergangenen Tagen der Türkei und Erdogan gegenüber verbuchen konnte (...). Das Problem wird jetzt sein, eine stabile Regierungskoalition zu bilden. (...) Kurzum, die Verhandlungen werden lang und vielleicht kompliziert sein, das belgische Schreckgespenst ohne eine Regierung für zwei Jahre ist nur wenige Kilometer weit entfernt, und die anti-europäische und ausländerfeindliche Welle ist immer noch da, bereit, wieder anzuschwellen."
"La Stampa" (Italien): "Mark Rutte, der Harry Potter der niederländischen Politik, hat ein Wunder vollbracht. Indem er den Anführer der Islamfeinde, Geert Wilders, den Umfragen bis vor wenigen Tagen noch als möglichen Sieger der Wahlen ausgemacht hatten, ausgeschaltet hat."
"Washington Post" (USA): "Das Ergebnis wurde von anderen Politikern innerhalb und außerhalb der Niederlande als schwerer Schlag gegen den fremdenfeindlichen Populismus begrüßt. Es unterbrach eine Serie von Zerrüttungen, die mit dem Brexit-Votum begann und fortgesetzt wurden mit der Wahl von Donald Trump, der der europäischen Integration skeptisch gegenübersteht. Stattdessen wird Ministerpräsident Mark Rutte im Amt bleiben und versuchen eine Koalition zu bilden, während in den Niederlanden die berühmte Tulpensaison losgeht. Die Abstimmung in der wohlhabenden Handelsnation wurde als Indikator für Frankreich und Deutschland gesehen, die in den kommenden Monaten wählen und ebenfalls von starken fremdenfeindlichen Stimmungen gebeutelt werden."
"New York Times" (USA): "Wähler, die in Rekordzahlen ihre Stimme abgegeben haben, haben dennoch rechte und Mitte-Rechts-Parteien belohnt, die Teile von seiner (Wilders) kompromisslosen Botschaft für sich vereinnahmt haben. Darunter auch die Partei des Ministerpräsidenten, Mark Rutte. (...) In den Niederlanden verrieten die Ergebnisse ein bestehendes Misstrauen dagegen, der extremen Rechten die Zügel der Macht in die Hände zu geben, auch wenn ihre Message (Botschaft) den Wahlkampf dominiert hat und wahrscheinlich die Politik der neuen Regierung beeinflussen wird."
"Rzeczpospolita" (Polen): "Der Marsch der westlichen Populisten wurde unterbrochen. Es passierte in den Niederlanden, wo sie sowieso keine Chance hatten, die Macht zu übernehmen, weil Wilders selbst bei einem Sieg keine Koalitionspartner gefunden hätte. Das letzte Wort der Populisten ist noch nicht gesprochen. Ein großer Immigranten-Marsch, den die türkische Regierung veranlassen könnte, würde sie wiederbeleben."