Eklat bei EU-Treffen Orbans Pressesprecher twittert aus nicht-öffentlicher Sitzung

Brüssel · So etwas dürfte es in der Europäischen Union auch nicht oft gegeben haben. Ein Teilnehmer einer nicht-öffentlichen Sitzung hat die darin besprochenen Inhalte über Twitter verbreitet.

 Ungarns Präsident Viktor Orban.

Ungarns Präsident Viktor Orban.

Foto: AP/Petr David Josek

Der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs hat bei einem EU-Ministertreffen in Brüssel für einen Eklat gesorgt. Der Vertraute von Ministerpräsident Viktor Orban veröffentlichte am Dienstag über den Kurznachrichtendienst Twitter Kommentare zu Positionen anderer EU-Mitgliedstaaten, obwohl die Sitzung als nicht-öffentlich eingestuft war. Mehrere Delegationen beschwerten sich daraufhin beim Vorsitz, der nach einer juristischen Prüfung eine Rüge gegen Ungarn aussprach und eine schriftliche Stellungnahme anforderte, wie Diplomaten berichteten.

Mit seinen über Twitter verbreiteten Kommentaren wollte Kovacs offensichtlich versuchen, in der Öffentlichkeit Stimmung gegen das gegen sein Land eingeleitete Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags zu machen. Das Verfahren soll die ungarische Regierung dazu bewegen, die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungsfreiheit zu gewährleisten. Zudem sind unter anderem Minderheitenrechte und die Situation von Migranten und Flüchtlingen ein Thema.

Bei der nicht-öffentlichen Sitzung am Dienstag hatte Ungarn in einer Anhörung zum zweiten Mal die Gelegenheit, zu mutmaßlichen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit Stellung zu nehmen. Die EU-Kommission machte danach allerdings deutlich, dass es bislang keine Gründe gibt, das Artikel-7-Verfahren einzustellen.

Die Bundesregierung befürchtet sogar eine weitere Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. „Wir sehen die derzeitige Lage mit Sorge“, sagte Europastaatsminister Michael Roth (SPD) bei dem EU-Treffen. Statt Fortschritten in die richtige Richtung gebe es Gesetzesinitiativen, die eher darauf hindeuteten, dass es zusätzliche Rückschritte geben könnte. Problematische Themen seien die Unabhängigkeit der Justiz, die Medienfreiheit und die akademische Freiheit.

(mja/dpa)
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