Munitionsbeschaffung beschlossen EU will der Ukraine eine Million Geschosse liefern

Brüssel · Beim dringend benötigten Munitionsnachschub für die Ukraine übernimmt Deutschland eine „besondere Rolle“. Beim Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister erläutern die deutschen Vertreter ihre zweigleisige Strategie.

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Zwei Jahre Krieg in der Ukraine

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Foto: dpa/Emilio Morenatti

Vor zwei Wochen wurde die Idee bei einem informellen Treffen in Stockholm geboren, am Montag kamen bereits die Unterschriften unter die entsprechenden Unterlagen beim Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU. So zügig auch die Entscheidungsfindung zur gemeinsamen Munitionsbeschaffung für die Ukraine klappte, so sehr wird es nun trotzdem dauern, bis die Artillerie-Depots der Ukraine mit einer Million Geschossen wieder aufgefüllt sind. Dabei geht den Streitkräften in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion der Vorrat jetzt bereits aus. Zwischen 2000 und 7000 Geschosse setzt die Ukraine täglich ein, Russland feuert im selben Zeitraum fast die zehnfache Menge auf ukrainische Stellungen und Städte ab.

Wie EU-Außenbeauftragter Josep Borrell erläuterte, sieht der aus drei Elementen bestehende Beschaffungsplan vor, dass die EU dafür zusätzliche Mittel im Umfang von zwei Milliarden Euro mobilisiert. Kurzfristig sollen die Bestände noch einmal gesichtet werden, ob die EU-Staaten vielleicht doch noch die eine oder andere Granate entbehren können. Mittelfristig soll die Produktion hochgefahren werden, um der Ukraine binnen eines Jahres eine Million Geschosse liefern zu können. Langfristig wollen die EU-Staaten die eigene Verteidigungsfähigkeit auch auf dem Munitionssektor signifikant verbessern und Vorkehrungen dafür treffen, dass die Bestände in der EU als auch in der Ukraine fortlaufend aufgefüllt werden.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nannte als Grund für die anhaltende Unterstützung auch mit militärischen Gütern, „damit die Ukraine den Frieden gewinnen kann“. Wichtigstes Ziel der EU bleibe der Frieden in Europa und damit der Frieden in der Ukraine. Doch der russische Präsident bombardiere die Menschen in der Ukraine weiter Tag und Nacht. „Er mordet und tötet durch die Zerstörung von Infrastruktur, durch den direkten Angriff auf Zivilisten“, sagte die Ministerin. Verteidigungsminister Boris Pistorius und sie hätten bereits im Vorfeld deutlich gemacht, „dass gerade wir als Deutsche eine besondere Rolle spielen“, unterstrich Baerbock.

Wie Pistorius erläuterte, will die Bundeswehr für die Munitionsbeschaffung bestehende Rahmenverträge nutzen, diese für Partner öffnen und zusätzliche neue abschließen. Dänemark und die Niederlande hätten bereits Interesse an einer Kooperation in diesem Format geäußert, weitere Partner seien ebenfalls willkommen. Bis Ende März erwarte sein Ministerium neue Angebote der Rüstungsindustrie für zusätzliche Bestellungen. Gleichzeitig beteiligt sich Deutschland auch an der gemeinsamen europaweiten Beschaffung durch die Europäische Verteidigungsagentur, die auf diese Weise „Europas Marktmacht bündeln“ werde. So erhoffen sich die Minister aufgrund der deutlich größeren Stückzahl eine günstigere Beschaffung.

Er gehe davon aus, dass „die Produktionskapazitäten jetzt schnell erhöht werden“, sagte Pistorius - wenn die Vorbereitungen dafür nicht schon im Vorfeld des Brüsseler Treffens getroffen worden seien. „Absolute Priorität“ hat nach seinen Worten, „dass noch in diesem Jahr eine nennenswerte Zahl von entsprechender Munition in die Ukraine geliefert wird“.

Pistorius unterstrich in Brüssel, dass „Deutschland in der Europäischen Union der größte Unterstützer der Ukraine“ sei. Aktuell laufe die Ausbildung von über tausend ukrainischen Soldaten, und zwar am Kampfpanzer Leopard, am Schützenpanzer Marder und an weiteren Systemen der Luftverteidigung. Baerbock wies zudem darauf hin, dass Deutschland bei der Lieferung von Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard vorangehe.

Für Pistorius war es das erste Treffen im sogenannten „Jumbo-Format“, also in einer gemeinsamen Sitzung der Außen- und der Verteidigungsminister. Dabei beschritt er sogleich „Neuland“, wie er hervorhob. Denn eine solche gemeinsame Munitionsbeschaffung habe es auf EU-Ebene in dieser Form noch nie gegeben. Weil es aber wichtig sei, schnell zu Ergebnissen zu kommen, nutze Deutschland parallel auch seine nationalen Rahmenverträge. „Der Schwerpunkt muss auf diesem Jahr liegen, damit die Ukraine möglichst schnell möglichst viel Munition bekommt“, sagte Pistorius.

Verteidigungsminister Boris Pistorius am Rande des EU-Ministertreffens am Montag in Brüssel.

Verteidigungsminister Boris Pistorius am Rande des EU-Ministertreffens am Montag in Brüssel.

Foto: AP/Geert Vanden Wijngaert

Baerbock lobte den Beschluss des Internationalen Strafgerichtshofes, einen Haftbefehl für Russlands Präsident Wladimir Putin auszustellen. „Zum Frieden gehört auch, die Verantwortlichen für diesen brutalen Krieg, für diese Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“, erläuterte die Außenminister. Borrell sprach davon, dass der Haftbefehl die Lage völlig verändere, weil Putin nun damit rechnen müsse, unmittelbar verhaftet zu werden, wenn er in eines von über 130 Ländern reise. Moskau reagierte am Montag auf den Haftbefehl mit der Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Richter des Strafgerichtshofes.

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