Gipfel in Brüssel EU will Kurs in Asyl- und Migrationspolitik verschärfen

Brüssel · Die EU sperrt sich gegen Zäune und Mauern, gleichwohl will sie unerwünschte Einreisen mit neuen Maßnahmen verhindern. Zu den Beschlüssen gehört auch ein stärkerer Druck auf Länder, die abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht während einer Pressekonferenz im Rahmen eines EU-Gipfels.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht während einer Pressekonferenz im Rahmen eines EU-Gipfels.

Foto: dpa/Geert Vanden Wijngaert

Wegen der starken Zunahme unerwünschter Migration hat die Europäische Union sich auf eine Verschärfung der gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik verständigt. Kanzler Olaf Scholz und seine Kollegen einigten sich beim EU-Gipfel auf eine Abschlusserklärung, die darauf abzielt, illegale Einreisen von vornherein zu verhindern beziehungsweise unattraktiver zu machen. Dies soll unter anderem durch einen verstärkten Kampf gegen Menschenschmuggler, mehr Grenzschutz und schnellere Abschiebungen geschehen.

Die von Ländern wie Österreich geforderte EU-Finanzierung von Zäunen entlang der EU-Außengrenzen wird in der Abschlusserklärung nicht explizit genannt. In dem Dokument heißt es lediglich, dass EU-Mittel für „Infrastruktur“ an den Grenzen mobilisiert werden sollten.

Zudem sollen zwei Pilotprojekte an den Außengrenzen gestartet werden. Eines der Projekte sehe vor, die Grenze zwischen dem EU-Land Bulgarien und der Türkei mit Fahrzeugen, Kameras, Straßen und Wachtürmen zu sichern, kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am frühen Freitagmorgen an. Diese sollten aus EU-Mitteln, dem bulgarischen Haushalt und Beiträgen der EU-Staaten finanziert werden.

Bei dem zweiten Pilotprojekt soll es von der Leyen zufolge um die Registrierung von Migranten, ein schnelles Asylverfahren sowie um Rückführungen an der Außengrenze gehen. Den möglichen Standort dieses Projekts ließ die deutsche Kommissionspräsidentin offen.

Eine direkte Finanzierung von Zäunen oder Mauern lehnen Länder wie Deutschland und Luxemburg ebenso wie die EU-Kommission ab. Mit Blick auf die umstrittene Frage, ob auch Grenzzäune aus dem EU-Haushalt finanziert werden sollten, sagte von der Leyen, dass es an der bulgarisch-türkischen Grenze bereits einen Zaun gebe - der aber nicht funktioniere.

Scholz erinnerte an die „aufgeregten Debatten über diese Fragen 2014 und 2015“, als vor dem Hintergrund des syrischen Bürgerkriegs allein eine Million Menschen nach Deutschland kamen. Nun habe die EU „pragmatische, gute, gemeinsame Lösungen“ gefunden, sagte er.

Der Kanzler plädierte gegen eine Abschottung und warb in Brüssel erneut für die „Erwerbsmigration“: Europa müsse „ein gemeinsames Interesse daran haben, dass diejenigen, die wir für unsere Arbeitsmärkte brauchen, auch herkommen“.

Einig sind sich die EU-Staaten hingegen darin, dass mehr Druck auf Länder gemacht werden sollte, die bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht kooperieren. Dies soll dazu führen, dass mehr Menschen ohne Bleiberecht die EU verlassen und so die teils stark überlasteten Asylsysteme entlastet werden. Druck wollen die EU-Staaten etwa über eine verschärfte Visa-Politik, die Handelspolitik und die Entwicklungshilfe machen, zugleich sollen aber auch Möglichkeiten für legale Migration geschaffen werden.

Die Zahl der Asylanträge ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent auf 924.000 gestiegen. Hinzu kamen rund vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, die in der EU nicht Asyl beantragen müssen.

(peng/dpa/AFP)
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